2022-05-03

Sehr zufriedenstellend

Was wäre mit dieser Mannschaft möglich gewesen, wenn sie häufiger sie selbst gewesen wäre? Heute war das ansatzweise wieder einmal zu sehen. Ein äußerst befriedigender Sieg, der gegen ein deutlich stärker einzuschätzendes Team nicht zu erwarten war und der am Ende dann doch hochverdient ausfiel, trotz 30 minütiger Unterzahl. Man kann rätseln, warum Leipzig die erste Halbzeit vergleichsweise so passiv angegangen ist und ob es an der konzentrierten Arbeit der Gladbacher Ketten gegen den Ball gelegen hat, dass das Tor von Yann Sommer in Halbzeit eins relativ wenig in Gefahr geriet.

Man kann sich fragen, an wem es liegt, dass sich die Mannschaft um Kapitän Lars Stindl heute im Spiel nach vorne auf wenige, aber sehr effektiv vorgetragene Angriffe verlegt hatte und eben nicht im hohen Pressing ins Verderben rannte. Am Ende ist es mir egal. Denn was zählt, ist das Ergebnis. Und das war nicht nur auf der Anzeigetafel - mit dem erst zweiten Sieg gegen das Brause-Produkt überhaupt - sehr erfreulich. 

Es waren die Torschützen Embolo und Hofmann, die in den Schlüsselszenen herausragten. Yann Sommer natürlich auch wieder einmal - wer sonst. Aber es wäre unfair, dahinter die Leistungen anderer, natürlich auch die von Neuhaus, Koné, Beyer, Netz und Stindl zu vergessen. Es war letztlich der Auftritt der gesamten Mannschaft, der endlich mal wieder über die gesamte Spielzeit überzeugte - und zum Ziel führte. Kämpferisch. Von der Einstellung her. Und auch vom spielerischen Moment, wenngleich das in der zweiten Halbzeit (naturgemäß) nicht mehr so recht zum Tragen kam.
Die Spieler, die heute auf dem Platz standen, haben das Signal gesendet, das wir alle von ihnen erwartet haben. Sie haben sich reingekniet. Sie sind dahin gegangen, wo es weh tut - und das ist gegen eine Kloppertruppe, wie es die Gäste heute waren, äußerst schmerzhaft. 

Sie haben einen Teil des Versöhnungsversprechens, das der unerwartete Punktgewinn in Freiburg gewisermaßen noch schüchtern ausdrückte, eingelöst. Dass in der Nordkurve dennoch bis zum Schluss erneut ein ehrabschneidendes Banner hing, war noch deplatzierter als vergangene Woche.
Wer Augen auf das Spiel hatte, hätte es zur Halbzeit längst eingerollt haben müssen. Dass die Mannschaft darauf verzichtete, in die Kurve zu gehen und nur im Vorbeigehen den Applaus spendete, war für mich da völlig nachvollziehbar, nein: verständlich. Es bleibt nicht mehr viel Zeit bis zum Saisonende, wo ein klarer Schnitt gemacht werden muss, auch in dem, was zwischen Fans und Mannschaft stehen könnte. So sollte man nicht in die Sommerpause auseinander gehen, finde ich.

Aber zurück zum Spiel. Da muss man neben all der positiven Ansätze und gut vorgetragenem Spielaufbau auch wieder alte Schwächen konstatieren. Die tiefe Verteidigung des eigenen Strafraums mit vielen Standardsklappte dagegen viel besser als zuletzt, trozt der individuellen Klasse, die Leipzig auch noch von der Bank bingen konnte.

Der Gegentreffer aber war einmal mehr naiv verteidigt. Ein leichter Ballverlust von Neuhaus tief in der Leipziger Hälfte und zwei konsequente Pässe des Gegners nach vorn reichten, um die aufgerückte Abwehr ganz schlecht aussehen zu lassen. Das Gleiche hätte Borussia auch in der Szene mit dem Platzverweis (und in einigen weiteren) beinahe geblüht. Auch da war Nkunku nicht aufzuhalten, eine falsche Entscheidung brachte Elvedi ins Hintertreffen, sodass er die Grätsche in höchster Not auspacken musste.

Auch wenn es der erste Platzverweis des Schweizers in 198 Bundesligaspielen war: Der Einsatz war richtig und nötig. Er geschah noch vor dem Strafraum und beendete einen Alleingang, der ziemlich sicher zum Ausgleich geführt hätte. Was dann angesichts der drückender werdenden Überlegenheit der Leipziger passiert wäre, kann man sich leicht ausrechnen.

So wenig man gegen die Rote Karte sagen kann, es war eine der nur wenigen Dinge, die Schiedsrichter Martin Petersen heute richtig entschieden hat. Gerade angesichts der rustikalen Spielweise der Gäste ist es einmal mehr ein Hohn, dass Borussia in Unterzahl spielen und bei einem Foulverhältnis von 11 zu 20 in Unterzahl und mit mehr Verwarnungen vom Feld ging als der Gegner.
Besonders auffällig der Gästespieler Laimer, der allein sieben Fouls - meist der groberen Art - sammelte und nicht einmal Gelb sah, und das obwohl er sich nach jedem Pfiff gegen Leipzig auch noch ausgiebig beim Schiri zu beschweren wusste.
Bei Stindl und Hofmann, die sich völlig zurecht über Tritte des Gegners beziehungsweise einen klaren Ausball und folgende Fehlentscheidungen des Gespanns aufregten und dabei zugegeben ein wenig zu heftig protestierten, hatte Petersen die Karte ganz schnell gezückt.

Bei der Gelben Karte für Koné wiederum gebe ich dem Schiri eine Mitschuld. Denn Petersen weigerte sich da nicht zum ersten Mal, das Spiel zu unterbrechen, nachdem ein Spieler erkennbar nach einem Kopftreffer am Boden liegen blieb. Da auch Leipzig keinerlei Fairplay zeigte und weiter nach vorne spielte, blieb Koné nur der robuste Einsatz gegen seinen Gegenspieler, um das Spiel zu unterbrechen und eine Behandlung zuzulassen.

Aber egal, denn die krasseste Fehlleistung leistete sich der Unparteiische nach 27 Minuten. Da trat der schon nach zehn Minuten (absolut berechtigt) verwarnte Gvardiol Jonas Hofmann fies auf den Knöchel. Der Ball war weit weg und der Leipziger trat zudem auf das Standbein des Gladbachers. Rot wäre zu hart gewesen, aber an einer zweiten gelben Karte ging in dieser Szene absolut nichts vorbei.
Doch Petersen machte das, was Schiris manchmal aus unerfindlichen Gründen machen. Sie schützen die Täter vor der gerechten Strafe und bestrafen damit die Opfer der Attacke. Denn natürlich reagierte Gästetrainer Tedesco und holte den so vom Platzverweis verschonten Spieler sofort vom Feld.
Das nenne ich: aktive Spielbeeinflussung. Und zwar eine, die durch nichts zu rechtfertigen ist, zumal beide Vergehen Pflicht-Verwarnungen waren.
Mit besonderer Verwunderung schaut man dann als Gladbacher auf so eine Situation und wird wütend, weil man weiß, dass ein Schiedsrichter gegen den gleichen Gegner mal einen Gladbacher Spieler für zweimal leichtes Abwinken vom Platz gestellt hatte.

Auch heute hätte sicher eher noch Flo Neuhaus in der Schlussphase für ein Allerweltsfoul (Gelb) und ein (nicht geahndetes) Ballwegschlagen innerhalb von drei Minuten den Platz verlassen müssen als einer auf der anderen Seite. So war zumindest mein Eindruck. Immerhin: Auch diese Schlagseite in der Regelauslegung nützte der sportlichen Vertretung des Brausekonzerns heute nichts. Zum Glück. Sonst hätte ich an dieser Stelle vielleicht deutlich mehr gegen den Schiri gewütet.

Egal, die drei Punkte sind verdient im Sack. Und die Mannschaft hat jetzt noch einmal die Chance, einen versöhnlichen Abschluss der Saison hinzubekommen. In Frankfurt in der nächsten Woche könnte man den heute in der Tabelle überholten direkten Konkurrenten auf Distanz halten. Mit der Leistung von heute lässt sich darauf zumindest hoffen.                    

Bundesliga, 32. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Räudige Brause Leipzig 3:1. Tore für Borussia: 1:0 Embolo, 2:1 Hofmann, 3:1 Hofmann. 

Endlich mal wieder Zahltag im Borusia Park. Der Sieg gegen das ungeliebte Konstrukt, das sich selbst als Verein bezeichnet,  bringt 10 Euro ein, drei Euro für drei Tore kommen noch oben drauf. Macht aus 118 Euro flugs 131 Euro in der Spendenkasse. Gut so!

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

5 Kommentare:

  1. Sehr guter Beitrag . Über die Entscheidungen des Schiedsrichters habe ich mich auch mehrfach gewundert . Und auch die Reaktion der Mannschaft nach dem Spiel sich nicht vor der Nordkurve feiern zu lassen , ist nachvollziehbar . Ich kann die Fans in der Nordkurve verstehen , da ich da seit 20 Jahre ebenfalls einen festen Platz habe . Aber man hätte in der Tat dieses Banner rechtzeitig vor Spielende entfernen können

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  2. Prima Artikel. Die Schiri Entscheidungen waren auch für mich mit Ausnahme der berechtigten roten Karte nicht nachvollziehbar, insbesondere, dass Herr Laimer noch nicht mal eine glebe Karte erhielt (man denke an Pleas roter Karte nach Reklamieren) und auch die ausbleibende gelb-rote gegen Gvardiol.

    Dieses Banner "„Kampflos, willenlos, charakterlos – hoffentlich werden wir die Söldner unter euch bald los!“ hätte man als Verein zwingend sofort entfernen müssen.

    Ich halte es weiterhin für unverschämt und nicht zielführend, Menschen den (guten) Willen und Charakter abzusprechen. Im Profifußball von "Söldnern" zu sprechen ist darüber hinaus - sagen wir - verfehlt.

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  3. Wir hatten definitiv das Matchglück auf unserer Seite, die gute Leistung in allen Ehren, aber zu Beginn der 2.HZ verfiel man wieder in alte Muster uns ließ sich hinten reindrängen, ohne den Hauch von Entlastung! Wenn da der Gegner trift, puhhhhhh....wir wissen alle wie es ausgegangen wäre! Aber schreiben wir er nicht kaputt, die Lesitung war über 90 ansprechend, hatten wir lange nicht.
    Das dämliche Banner der Wichtigtuer möchte ich lieber nicht kommentieren :-(

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  4. Was soll von dem Publikum insbesondere den "Ultras" anderes erwarten? Selbst n Dorfvereinen werden Jugendspieler (!!!) ausgelacht oder ausgepfiffen. Ich schätze den Film "Das Wunder von Bern" vor allem für eine Szene: Wo der Spieler dem pöbelnden "Fan" den Ball vor die Maske zimmert. Sollte man wieder einführen! Die Spieler des eigenen Vereines auszupfeiffen........Geht ins Kino.

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  5. Dieses Spiel hat nichts daran geändert dass es eine völlig enttäuschende Saison ist. Mit unterirdischen Leistungen und katastrophalen Ergebnissen. Wenn die Truppe nur halb so viel Einsatz in den anderen Spielen gezeigt hätte, könnten wir ganz anders da stehen. Woran es gelegen hat sollten die Verantwortlichen schnell herausfinden.

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