2017-12-04

Same procedure...

Same procedure as every year.... Da saß ich nun vor dem Fernseher, um mir die jährliche Pleite meiner Borussia in dieser seltsamen Stadt bei dem noch seltsameren Verein abzuholen. Ich wurde nicht enttäuscht. Was natürlich sarkastisch gemeint ist.

Tja, so schnell wirft man die vor Wochenfrist noch unverhofft gegen die Bayern erworbenen drei Extraperlen wieder vor die nächsten Säue.
Denn es war wie immer in VW-Burg. Und: Es war wie zu befürchten, nach einer Woche voller Lobes über die Bayern-Besieger. Das bekommt der Mannschaft offensichtlich nicht. 
Klar ist: Gegen diese Wolfsburger Mannschaft musste man nun wirklich nicht verlieren. Aber wieder einmal stimmte zu Beginn des Spiels "die Körperspannung" nicht, die Zweikämpfe wurden zu sorglos geführt und ratzfatz lief unser VfL einem Zwei-Tore-Rückstand hinterher. Der war zu diesem Zeitpunkt, nach knapp 30 Minuten, auch nicht mal unverdient.

Doch dann ging ein Ruck durch das Team. Und so leid es mir für den erneut gebeutelten Tony Jantschke tut: Sein verletzungsbedingtes Ausscheiden tat Borussia gut. 
Denn der durchaus risikoreiche Wechsel, statt dem positionsgetreuen Austausch "Johnson für Jantschke" den offensiven Mickael Cuisance so früh neben Zakaria im zentralen Mittelfeld aufzubieten, Ginter von der Sechs in die Innenverteidigung zu ziehen und Elvedi auf rechts wechseln zu lassen, brachte richtig Schwung in Borussias Angriffsbemühungen. Elvedis Präsenz ließ die rechte Angriffseite aufblühen, über die vorher so gut wie nichts gelaufen war. Cuisance nahm das Spiel selbstbewusst in die Hand und glänzte als guter Ballverteiler und ständige Anspielstation, auf die Wolfsburg zunächst keine Antwort hatte. Und ab dem Moment, in dem Borussia die Gastgeber etwas mehr in deren eigener Hälfte forderte und variabler auftrat, zeigten die Wölfe eklatante Schwächen.

Doch anders als die Niedersachsen verplemperten die Gladbacher ihre teils hervorragend herausgespielten Chancen vor der Pause wieder zu leichtfertig. Besonders Thorgan Hazard wollte oft zu viel auf einmal. Deswegen war es bitter und ließ schon Böses erahnen, dass trotz einer richtig guten Viertelstunde Dauerdruck vor der Pause nur zwei Abseitstore heraussprangen, aber nichts Zählbares. Dazu später mehr.

Ganz so zielstrebig wie vor dem Pausenpfiff trat die Hecking-Elf in der zweiten Hälfte zwar nicht mehr auf. Doch sie war auf einem guten Weg. Bis in der 71. Minute das Schicksal mal wieder nach typischer Wolfsburg-Gladbacher Art zuschlug. Dass Zakaria den Glücksschuss von Guilavogui, der ziemlich sicher nicht ins Tor gegangen wäre, unglücklich abfälschte, mag ihn wurmen, doch es war nicht sein Fehler. Erst bekamen die Borussen im Verbund Malli - wie bei den ersten beiden Toren - wieder nicht gestellt, dann klärten Elvedi und Sommer stark gegen Gomez, doch was Ginter vorhatte, als er den Ball aus dem Strafraum direkt vor die Füße des Wolfsburger schob, wird er jetzt auch nicht mehr wissen. Damit aber war das Spiel entschieden, trotz redlicher Bemühungen bis zur Schlussminute.

Alles wie immer also in der auch heute wieder fanmäßig oberpeinlichen VW-Stadionkiste. Die Gladbach-Fans hatten das Geschehen durchweg im Griff, die Mannschaft über weite Strecken. Dennoch reichte es auch heute wieder nicht zu drei Punkten in der Stadt, an der auch ICEs am liebsten vorbeifahren. 

Es hätte auch anders kommen können. Denn zusätzlich zu den eigenen Fehlern, mit denen Stindl und Co. heute zu kämpfen hatten, hatten sie es auch mit einem äußeren Einfluss zu tun, der sich nicht unwesentlich auf das Spiel auswirkte. Schiedsrichter Benjamin Cortus verdiente sich heute, und das meine ich gar nicht abfällig, das Prädikat Heimschiedsrichter. 
Nicht dass er entscheidende Fehlentscheidungen getroffen hätte. Aber: Es gibt in umkämpften Spielen immer viele 50:50-Situationen, in denen man in die eine oder die andere Richtung pfeifen und dies auch vertreten kann. Von diesen Grauzonen-Entscheidungen gab es heute besonders viele. Wenn aber alle diese engen Entscheidungen zugunsten einer Mannschaft ausgelegt werden, fällt es auf. Und das war für mich heute so. 
Keine der vielen Wolfsburger Rempeleien in den Rücken des Gegners wurde geahndet, auf Gladbacher Seite aber schon. Als Brooks Raffael vor dem Tor mit dem Ellenbogen in den Rücken stieß und so aus dem Gleichgewicht brachte, blieb der mögliche Elfmeterpfiff aus. Aus Köln kam auch kein Hinweis, die Szene nochmal anzusehen.
Ein Elfmeter hätte das Spiel in eine andere Richtung lenken können. Vielleicht hätte es auch schon gereicht, wenn die Nachspielzeit der ersten Hälfte nicht zwei, sondern die (aufgrund der Videopause und zweier Verletzungspausen von Jantschke) eher angemessenen vier Minuten betragen hätte. Kurz vor der Pause war Gladbach sehr nah am Anschlusstor, es lag mehrfach in der Luft. Es sollte aber offensichtlich heute nicht sein.
 
Statt einem guten Punktepolster auf die Plätze fünf bis sieben steht das Team von Dieter Hecking nun im Spitzen-Heimspiel gegen die Schalker Glücksritter am Samstagabend schon wieder unter Druck, will es nicht Richtung Mittelfeld rutschen. 
Gegen Schalke haben wir ja durchaus noch eine Rechnung offen. Und man sollte in dem Spiel übrigens besonders auf die Herren Goretzka und Stambouli achten, die gegen Köln eigentlich zwingend hätten vom Platz fliegen müssen, vom Schiedsrichter aber unverständlicherweise verschont wurden. So können sie gegen Borussia mit dabei sein. Bei uns hingegen sehen Spieler auch immer mal wieder Gelb, wenn sie im robusten Tackling den Ball spielen wie Zakaria heute. Die Schere bei der Bewertung von Spielsituationen geht aus meiner Sicht in der Liga auch hier immer weiter auseinander. Eine schlechte Entwicklung.

Und noch was Grundsätzliches in Sachen Abseits: Natürlich sah es beim vermeintlichen 1:2 zunächst so aus, als ob Hazard klar im Abseits steht. Der Assistent auf der Seite hinter dem Belgier konnte auch nicht sehen, dass ein Abwehrbein noch auf Höhe von Thorgans Fuß war. Laut Regel ist es klar: Hazards Oberkörper kippte ins Abseits und mit dem Rumpf und Kopf können Tore erzielt werden. Doch dieses Tor erzielte er mit dem Fuß, der sichtbar nicht im Abseits stand. Das ist eine der Fragen, die man im Zeitalter des Videoassistenten vielleicht mal neu bewerten könnte. Denn mit der Videotechnik lässt sich sauber klären, ob der Körperteil, mit dem das Tor erzielt wurde, im Abseits war. Man müsste sich nicht mehr mit der unlogischeren, heute geltenden Regel behelfen, die ihre Berechtigung hat, wo der Assistent von außen in Echtzeit bewerten muss, ob Abseits vorliegt oder nicht. Aber natürlich wird sich daran so schnell nichts ändern. Denn wer im Fußball-Verband hat schon ein Interesse an ehrlicheren und logischeren Entscheidungen, wenn man unausgegorene, halbherzige Lösungen haben kann, die aber immerhin Aufregerpotenzial haben?

Bundesliga, Saison 2017/18, 14. Spieltag: VfL Wolfsburg - Borussia Mönchengladbach 3:0

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