2018-03-03

Folgenschwere Kleinigkeiten

Was fängt man denn damit wieder an?
Ein sehenswertes Bundesligaspiel, ein leistungsgerechtes Ergebnis - und doch kann keine Mannschaft so richtig zufrieden sein mit dem 2:2. Bei Bremen ist mir das ziemlich egal, bei Borussia selbstredend nicht.
Der VfL hat heute alle Trümpfe in der Hand, um das Spiel nach der komfortablen 2:0-Führung frühzeitig nach Hause zu bringen. Die Chancen waren da. Am Ende konnten wir aber froh sein, dass das Spiel nicht noch verloren ging. 
Es ist schwer zu glauben, dass das mit vielen ganz kleinen unglücklichen Entwicklungen auf dem Spielfeld zu tun hatte, die gar nicht einmal unmittelbar miteinander zu tun hatten. Aber so war es. Für Borussia hat sich das am Ende so summiert, dass die Hecking-Elf in der zweiten Halbzeit offenbar einen zu schweren Rucksack mit sich herum schleppte. Und insofern ist es auch nicht wirklich verwunderlich, dass die Führung nicht bis zum Ende gereicht hat.

Aber jetzt mal strukturiert erzählt. Gladbach bot in Halbzeit eins eine tolle Leistung, war spritzig, hellwach, beraubte Werder von Anfang an seiner Stärken und führte durch Zakarias überlegt vollendetes Tor verdient. Da war in der Entstehung schon etwas Glück dabei gewesen, genauso wie dann auch beim zweiten Treffer, aber egal. Borussia hatte das Spiel im Griff, wenngleich man auch da schon Bremen ab und an zu viel Freiraum vor Yann Sommers Tor erlaubte.
Doch da hatte Schiedsrichter Benjamin Cortus schon begonnen, das Spiel in eine andere Richtung zu lenken - natürlich nicht absichtlich. Die sehr kleinliche Linie, die er in den ersten halben Stunde fuhr, wirkte sich nämlich für den Rest des Spiels aus. Er gab zwei überzogene gelbe Karten, erst gegen Zakaria und dann gegen Eggestein auf der anderen Seite. Und brachte damit sich selbst unter Druck - und nahm letztlich Zakaria, den vielleicht besten Mann auf dem Platz in Halbzeit eins, quasi aus dem Spiel. Wäre Cortus seiner Linie treu geblieben, hätte er Zakaria für sein zweites Foul noch vor der Pause zum Duschen schicken müssen - was folgerichtig, aber in der Summe ungerechtfertigt gewesen wäre. Dann hätten aber auch die Gäste nicht in voller Besetzung über die Runden kommen dürfen. Cortus tat das nicht, er pfiff ab da nicht mehr so schnell und blieb für den Rest des Spiels in seinen Entscheidungen dann auch oft inkonsequent  - was dem VfL einerseits erlaubte, zu elft weiterzuspielen, andererseits aber eben nach der Halbzeit ohne den jungen Schweizer, der zu seinem Schutz ausgewechselt werden musste.


Dass später auch noch Kramer verletzt raus musste, dafür konnte der Schiedsrichter natürlich nichts. Dass auf der Borussen-Bank derzeit kein adäquater Ersatz für die etatmäßige Doppelsechs vorhanden ist, auch nicht. 
Aber in der Konsequenz hat die Leistung des Schiris in der ersten Hälfte einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Verlauf der zweiten Halbzeit gehabt. Denn ohne ihr Mittelfeld-Herzstück rannten Stindl und Co in der zweiten Halbzeit mehr hinterher, als das Spiel aktiv gestalten zu können - wie es ihnen vor der Pause noch so eindrucksvoll gelungen war. 

Dazu kam, dass nicht jeder Borusse heute seine normale Leistungsfähigkeit auf dem Platz bekam. Reece Oxford ließ sich beim Anschlusstor als Gegenspieler von Delaney ziemlich einfach aus dem Spiel nehmen - er verpennte die Szene einfach, in der sich die Bremer darauf einigten, ihn wegzublocken. Aber nicht nur in dieser Szene ließ er Schwächen erkennen. Die rechte Abwehrseite war heute einfach anfälliger als gewohnt und das hatte viel mit dem jungen Engländer zu tun. Hätte Hecking Jantschke gleich bringen sollen und Oxford auf die Sechs ziehen? Das ist jetzt natürlich Spekulation.

Jungstar Mickael Cuisance war in keiner Phase des Spiels ein stabilisierender Faktor im Mittelfeld. Im Gegenteil, er muss schleunigst lernen, wann man sich Risikobälle leisten darf und wann nicht. Heute lag er deutlich öfter daneben, als dass er gute Bälle spielte. Aber natürlich ist das eine Kritik unter Vorbehalt, niemand kann von ihm heute schon erwarten, dass er ein solches Spiel für Borussia wieder unter Kontrolle bringt.

Die Stärke bei Standardsituationen ist, wie sich beobachten lässt, komplett in der Winterpause geblieben. Wenn es dadurch gefährlich wird, dann eher zufällig.

Und das Offensivquartett Hazard, Hofmann, Stindl und Bobadilla? Bekommt vor dem Tor einfach nicht die Kurve. Stindl blieb heute sogar ohne Torschuss, glaube ich. Am nächsten war Hofmann dran, dessen Kopfball Eggestein mit dem Arm abwehrte. Immerhin schaute sich Cortus die Szene noch mal selbst an, sodass man mit der Entscheidung besser leben kann als wenn irgendwelche geheimen Gespräche mit Köln den Ausschlag gegeben hätten. Doch bei allem Verständnis für die kurze Entfernung zwischen Hofmann Kopfball und dem Arm des Bremers: Erstens waren beide Arme fast auf Kopfhöhe vorgestreckt, und zweitens verhinderte er aus meiner Sicht damit - zwei Meter vor dem Tor - einen sicheren Treffer, da der Torwart den Kopfball nicht mehr hätte parieren können. Eine Merkwürdigkeit mehr in Sachen Videobeweis/Benachteiligungen, aber auch da stumpfe ich langsam ab, genauso wie bei den Szenen, in denen unsere Spieler im Strafraum zu Boden gerungen werden und für die sich trotzdem kein Schiedsrichter interessiert - auch heute nicht.

Unter dem Strich steht ein Punkt, der eine gefühlte Niederlage ist. Die Erkenntnis, dass langsam die personellen Möglichkeiten erschöpft sind - bitte, lass Chris Kramer nicht auch noch länger ausfallen. Und die Hoffnung, dass sich die verbesserten Leistungen seit dem Stuttgart-Desaster bald auch wieder kontinuierlicher in Erfolge ummünzen lassen. Denn dass das heute eine schlechte Leistung des VfL war, kann man nun wirklich nicht sagen.



Bundesliga, Saison 2017/18, 25. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Werder Bremen 2:2 (Tore für Borussia: 1:0 Zakaria, 2:0 Eigentor Moisander nach Schuss Zakaria)

1 Kommentar:

  1. Mal wieder treffend auf den Punkt gebracht. Die beiden Gegentore - soweit ich das von der Tribüne aus sehen konnte - fielen (mal wieder) viel zu einfach. Beim 2:1 hätte der Werderaner nie so frei zum Kopfball kommen dürfen.

    Was den Elfmeter (stimmt, es lässt einen langsam abstumpfen, dass in solchen Situationen immer wieder gegen uns entschieden wird)angeht, diese Szene war zu weit weg. Beim Betrachten der Bilder im Netz bin ich allerdings der Ansicht, dass es durchaus vertretbar gewesen wäre, dort auf Elfmeter zu entscheiden (Vergrößerung der Körperfläche bzw. Arme auf Höhe des Kopfes). Aber wie sage ich so schön mit Lodda Matthäus: Wäre, wäre, Fahradkette...

    Gefallen hat mir der Einsatz von Bobadilla; schade, dass er sich nicht mit einem Tor belohnen konnte. Ihm hätte ich es, genauso wie dem agilen Hazard, gegönnt. Wäre eine gute Sache gewesen, den Knoten aus den Köpfen zu bekommen.

    Ich bin zwar schon enttäuschter nach Hause gefahren - ein schlechtes Spiel war es nicht. Aber trotzdem, unterm Strich fühlte es sich eher an wie eine Niederlage. Der eine Punkt hilft sowieso nicht wirklich weiter.

    Gruß, Fohlen

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