Gut, ein 0:0 zum Bundesliga-Auftakt in einem Heimspiel ist nicht das Ergebnis, auf das man sich eine Sommerpause lang gefreut hat. Angesichts der Leistung der neuen Borussen-Elf wäre ein Sieg heute sicherlich auch verdienter gewesen. Doch die Leistung des kämperisch überragenden Stefan Lainer und seiner nicht weniger engagierten Kollegen lässt mich zufrieden meine erste Spielbilanz niederschreiben. Denn die war erheblich besser als es die Nullen auf dem Spielbogen nahelegen.
Der Grund dafür ist einfach: Gegenüber den Testspielen und dem Pokalspiel in Sandhausen präsentierte sich der VfL auf allen Baustellen deutlich sicherer und verbessert. Defensiv erstickten die zuletzt etwas unsicheren Elvedi und Ginter sowie die beiden Außenverteidiger (nicht nur Lainer, sondern auch ein sehr konzentrierter Oscar Wendt) nahezu alle Schalker Möglichkeiten schon im Keim. Die Gäste kamen durch Raman in der ersten sowie Burgstaller und Caligiuri in der zweiten Halbzeit letztlich zu genau drei passablen Torchancen. Sie alle verfehlten dabei jeweils das Tor aber deutlich, sodass Yann Sommer einen relativ ruhigen Abend verbrachte. Wäre Schalke in Führung gegangen, hätte es ein hässliches Spiel werden können. So aber war es eine sehr solide und souveräne Defensivleistung der Borussia. Das macht Mut.
Offensiv gab es Licht und Schatten. Schalke präsentierte sich mit Ausnahme des neuen Trainers David Wagner gewohnt unsympathisch - fröhlich im Austeilen, weinerlich im Einstecken, verschwenderisch im Zeitspiel - und verlegte sich im Verlaufe des Spiels immer stärker auf jene unerquickliche Mauertaktik, mit der die Mannschaft unter Tedesco vor zwei Jahren relativ unverdient Vizemeister geworden war. Das sorgte nach einer ausgeglichenen Anfangsphase zwar für ein deutliches Ballbesitzplus für Gladbach. Daraus machte Marco Roses Mannschaft aber unter dem Strich zu wenig.
Was richtig gut war, waren viele erzwungene Ballergewinne tief in der Schalker Hälfte. Da war die Idee des Rose-Fußballs schon gut erkennbar. Viel besser war das Verhalten der gesamten Mannschaft in der Rückwärtsbewegung. Gut war auch, dass dabei deutlich weniger Fouls unterliefen als in den Spielen zuvor.
Zu oft fand der entscheidende letzte Pass am und in den Strafraum aber noch keinen Adressaten. Die Abstimmungsschwierigkeiten sind noch unübersehbar. So schlug Lainer schon klasse Flanken in den Strafraum, und aus dem Mittelfeld kamen viele ambitionierte Steilpässe. Allein zum Torschuss oder der kontrollierten Verwertung solcher Bälle reichte es zu selten. Deshalb hatte Borussia am Ende zwar die erheblich besseren Einschusschancen als der Gegner (zweimal Plea inklusive Pfostentreffer, Thuram, Raffael), aber eben auch nicht viel mehr Hochkaräter auf dem Konto.
Es braucht also noch einiges an Feinarbeit, bis im Spiel nach vorn die Rädchen reibungslos ineinandergreifen. Aber das muss man dem Team und dem Trainer zugestehen, das dauert einfach seine Zeit.
Zumal die personellen Voraussetzungen heute auch noch nicht optimal waren. Sowohl Embolo als auch Thuram sind konditionell noch lange nicht bei 100 Prozent. Gerade der Franzose pumpte schon in der ersten Halbzeit zeitweise ganz schön, nachdem er viele Pressingläufe tief in der Schalker Hälfte hinter sich hatte. Wenn die beiden aber voll im Saft stehen, kann dieses Trio eine richtige Waffe werden. Heute zeigten aber auch Johnson, Raffael und kurz vor Schluss Traoré, dass sie sich nahtlos einfügen können.
Durch den Abgang von Cuisance (kein Wort mehr dazu von mir, hoffe ich) und die Ausfälle von Kramer, Strobl und Hofmann wurde vor diesem Spiel leider unerwartet das wirklich gut besetzte zentrale Mittelfeld erheblich ausgedünnt.
Dadurch war Denis Zakaris auf der Sechser-Position defensiver gebunden als zuletzt, und für Laci Benes war es das erste Spiel in dieser personellen Konstellation. Beide lösten ihre Aufgabe aus meiner Sicht sehr, sehr anständig und kompromisslos. Bei Benes blitzt auch schon wieder die Torgefahr auf, die ihn ganz am Anfang seiner Zeit in Gladbach schon einmal gezeigt hatte. Damit hat er möglicherweise dem spielerisch etwas stärkeren Florian Neuhaus noch etwas voraus.
Unter dem Strich überwiegt in meinen Augen ohne Zweifel an diesem Samstagabend das Positive. Eine Grundstabilität ist erreicht, auch das zweite Pflichtspiel zu Null absolviert. Nun kommt es darauf an, die Genauigkeit im Spiel nach vorn und beim Torschuss zu verbessern. Wie schnell das geht, muss abgewartet werden.
Am meisten musste ich mich ohnehin heute über die schwachen Leistungen vom neuen Sky-Dampfplauderer Buschmann (ich glaube immer, ich bin im Fifa-Computerspiel gelandet) und dem angeblichen Spitzenschiedsrichter Dr. Felix Brych ärgern. Letzterer ignorierte konsequent die vor der Saison noch einmal ausdrücklich kommunizierte Möglichkeit, nach Fouls weiterspielen zu lassen und Akteure bei der nächsten Spielunterbrechung zu verwarnen. Das ersparte Schalke drei bis vier Gelbe Karten, von denen eine gegen Stambouli schon in der ersten Hälfte zu Gelb-Rot geführt hätte. Einmal unterbrach er dafür entgegen der Regelhüter-Empfehlung einen Gladbacher Konter, um Caligiuri für ein taktisches Foul zu bestrafen.
Ansonsten gab es traditionell Grund, sich über eine Reihe von Zweikampf-/Foulbeurteilungen zu ärgern, wobei er da durchaus beide Teams benachteiligte. Da am Ende nichts Spielentscheidendes dabei war, konnte ich mich wenigstens nach Spielschluss schnell wieder entspannen.
Zur Stimmung im Stadion will ich heute noch nicht viel sagen, weil das vor dem Fernseher täuschen kann. Allerdings hat die "Seele" als Einlaufhymne heute für mich leider schon einen großen Nachteil offenbart. Denn sie ist von einem gut gefüllten Gästeblock wie den Schalkern heute leicht zu stören. Aber da fehlt vielleicht auch einfach noch ein bisschen Textsicherheit außerhalb der Nordkurve und mehr Power insgesamt beim Intonieren.
Nun schaue ich aber erst mal gespannt darauf, wieviel Borussia vielleicht bis nächste Woche in Mainz noch draufpacken kann. Und darauf freue ich mich nach dem heutigen hoffnungsvollen Auftritt schon.
Bundesliga 2019/20, 1. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - FC Schalke 04 0:0
Sehr guter Artikel!
AntwortenLöschenZum unsäglichen Laberer Buschmann kann ich in diesem Fall nichts sagen, da ich live im Stadion war. Aber die Kritik an Schiri Brych kann ich nur voll unterstützen. Zu seinen oft fragwürdigen Entscheidungen kam noch die völlig unzureichende Nachspielzeit in beiden Halbzeiten (1 respektive 4 min.) Das permanente Zeitspiel besonders von Nübel hätte mindestens 6 min. Nachspielzeit ergeben müssen. 2 1/2 min. der Nachspielzeit ruhte der Ball durch die Verletzung von Zakaria. Genau nach 4 min. beendete der feine Herr Brych die Partie...
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