2019-08-10

Durchatmen, Haken dran

Puh. Das war ein harter Abend zum Saisonauftakt. Erst die Unwetterunsicherheit, der verspätete Anpfiff, ein klatschnasser Platz und ein Gegner, der selbst in aussichtslosen Spielsituationen keinerlei Rücksicht auf die eigene und die Gesundheit des Gegners zu nehmen bereit war. Am Ende steht - nach ungefähr 100 umkämpften Minuten - das knappste aller Ergebnisse auf der Habenseite des VfL. 
Und obwohl der Zweitligist für meinen Geschmack Borussias Schwächen viel zu oft und zu deutlich aufzeigte und man sich daher auch über einen anderen Spielausgang nicht hätte beschweren können, bin ich mit diesem ersten Schritt in die Saison ziemlich zufrieden.


Das hat zum einen damit zu tun, dass ich glaube, dass keine Borussia-Startelf der vergangenen vier Saisons diesen Charaktertest heute bestanden hätte. Na klar, niemand durfte erwarten, dass der Erstligist in dieser Konstellation mal schnell über den klassentieferen Gegner hinwegfidelt. Sandhausen hat zwar nicht die ganz große Klasse, um zum Beispiel um den Aufstieg mitzuspielen. Dennoch ist es ein berüchtigter Gegner, vor allem im eigenen Stadion.
Und einer, der anderen alles abverlangen kann.
Die Borussias der vergangenen Jahre wären aber vielleicht dennoch nicht in der Lage gewesen, ausreichend gegenzuhalten - weil es ihrem Spiel überhaupt nicht entsprach.

Der Sieg heute war ein Sieg des Willens und der richtigen Einstellung. Sicher nicht schön, aber ehrlich erkämpft (auch wenn Sandhausens Präsident da seine deutlich abweichende Meinung exklusiv für sich hatte). Gegen einen bekannt kampfstark bis ruppigen Gegner, der schon zwei Wettkampfwochen voraus ist,  bis zum ende erfolgreich gegenzuhalten, und das auf einem kräfteraubenden Boden - darauf darf man stolz sein.
 
Ich habe ein paar vielversprechende Angriffskombinationen gesehen, in den Neuzugängen Embolo und Thuram zwei Spieler, die uns richtig Wumms nach vorne verleihen können - zusammen natürlich mit dem leichtfüßigeren Alassane Plea, der auch heute wieder eine erstaunliche Frühform zeigte und dafür mit jeder Menge Tritten des Gegners bestraft wurde. 
Nach Hofmanns Ausscheiden, der viele Angriffe von der Linksverteidigerposition aus startete, änderte sich die Spielstruktur, leider zum schlechteren. Embolo, der für ihn reinkam, ist ein ganz anderer Spielertyp, und auch Fabian Johnson, der die linke Achterposition wenig später übernahm, hat bei weitem nicht die Spielmacherqualitäten wie Hofmann. Weil auch Neuhaus selten in die richtigen Räume kam, bekam Borussia kaum noch sauber aufgezogene Spilzüge aus der eigenen Hälfte hin. Unter Druck verlegte man sich wieder einmal auf lange Bälle, die schnell wieder zurück kamen. Das wird Marco Rose sicher nicht geschmckt haben.

Die schwache Passquote kann man bei solchen äußeren Bedingungen beiseite lassen. Relevanter ist da schon die dünne Zweikampfquote von defensiven Schlüsselspielern wie Ginter (50 Prozent), Elvedi, Wendt (je 42) und Lainer (38). Allerdings muss man zugeben, dass die wuchtigen Sandhausener Spieler bei den vielen langen Bällen schwer zu verteidigen sind. Und letztlich gelang es doch immer wieder, im Verbund mit dem hellwachen Yann Sommer die Bälle zu klären. Auch wenn das oft nicht sehr souverän aussah.    

Entscheidend war gestern nur das Weiterkommen. Das hat die Mannschaft sich verdient, auch wenn hier und da ein bisschen Glück dabei war. Natürlich gab es einiges zu sehen, was man sich gegen Schalke am nächsten Samstag nicht leisten darf. Dazu gehört das unentschlossene Pressing in manchen Situationen, was dem Gegner gefährliche Lücken offenbart, die er in seinem Spiel nach vorn nutzen kann. Genauso verfiel man in der zweiten Halbzeit zeitweise wieder in alte Muster, zirkulierte den Ball zu langsam in den eigenen Reihen und verpasste damit einige Chancen für überraschende Pässe für die gut in die Spitze startenden Stürmer. Ich verzichte aber darauf, das hier im einzelnen zu sezieren, weil die Partie in Sandhausen einfach unter sehr ungewöhnlichen Bedingungen stattfand. Im Vordergrund steht, dass unter das Erreichen der nächsten Runde im DFB-Pokal ein Häkchen gemacht werden kann. Und das gegen den sicher unbequemsten Gegner, den man als Bundesligist in der Auftaktrunde bekommen konnte und unter Leitung eines Schiedsrichter-Gespanns um Robert Hartmann, das nicht immer (vor allem in der Schlussphase) auf der Höhe war, aber zum Glück keine spielentscheidenden Fehler machte. 


DFB-Pokal 2019/20, 1. Runde: SV Sandhausen - Borussia Mönchengladbach 0:1 (Tor für Borussia: 0:1 Thuram)

1 Kommentar:

  1. Ich bin LEIDER! auch alles andere als überzeugt vom Pressingansatz. Aber ich lasse mich gerne von Marco Rose eines besseren belehren.
    Allerdings gab es bereits seit Frontzeck verschiedene Ansätze die Borussia offensiver auszurichten. ALLE sind in kürzester Zeit kläglich gescheitert, da nie die Balance mit der Defensive hingehauen hat. Vlt. liegt es auch an dem oft genannten "braven" Kader. In einem solchen System muss man auch mal einen Rückstand drehen können, wenn ein Fehler passiert. Meist waren die Spiele danach für uns gelaufen, da dann der Biss fehlte und das TEam zusammenbrach.
    Wie gesagt, ich lasse mich gerne (positiv) überraschen, gehe aber doch davon aus die ein oder andere deftige Klatsche ansehen zu müssen.
    Mal schauen wer defensiv noch kommmt, die bisherigen Zugänge finde ich jedenfalls Top ! Wieder einmal erstklassige Arbeit von Max Eberl.

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