Drei Tore auswärts reichen nicht einmal für einen Punkt in Leverkusen. Das ist wirklich ärgerlich, aber es ist kein Beinbruch. Ich würde es sogar nicht einmal einen Rückschlag nennen, obwohl uns eine Niederlage gegen den direkten Konkurrenten natürlich nicht nur in der aktuellen Tabelle weh tut. Zumal, wenn sie so überflüssig ist wie das 3:4 heute.
Aber man darf nicht vergessen, wo die Mannschaft herkommt: Das heute war das siebte Spiel innerhalb von genau drei Wochen, umgerechnet alle drei Tage also ein Spiel. Diese erste ganz heftige Saison-Phase mit drei englischen Wochen am Stück war insgesamt äußerst erfolgreich. Doch sie hat Spuren hinterlassen, die aber erst heute dann auch am Ergebnis ablesbar wurden. Klar, auch Bayer hat dieses Programm mit vielen Spielen hinter sich. Aber eben nicht gegen Inter, Real, Donezk und Leipzig, sondern gegen Gegner, die durchweg eine Kategorie darunter anzusiedeln sind.
Dass es heute schwer werden könnte mit einem Sieg, das war schon früh zu spüren. Der Gegner war hervorragend auf Borussia eingestellt, kam oft zu leicht durch das Mittelfeld. Schon in der ersten Hälfte waren die Spieler von Marco Rose oft gezwungen, hinter ihren Gegnern herzulaufen. Und sie ließen in der Folge viele zu leichte Angriffe der Werkself zu, die schnell zu einem Rückstand hätten führen können. Es gelang einfach nicht, das Spiel wie zuletzt voll unter die eigene Kontrolle zu bekommen.
Dass der VfL in der ersten Halbzeit dennoch zweimal in Führung gehen konnte, verdankte er in erster Linie seiner brutalen Effizienz in zwei Szenen - und dem beim Elfmeter wie beim 2:1 vor dem Tor eiskalten Capitano Lars Stindl.
Doch dieser Vorteil wurde gegen einen quirligen Gegner, der Borussias Defensive vor allem mit Bailey und Wirtz immer wieder in Schwierigkeiten zu bringen vermochte, jeweils schnell wieder hergeschenkt. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn Gegentor Nummer eins fiel nach einem vermeidbaren Konter, das zweite nach einem in dieser Deutlichkeit seltenen Fehler von Yann Sommer beim Rauslaufen.
Man konnte also erahnen, dass es in der zweiten Halbzeit für beide Mannschaften darum gehen musste, Fehler möglichst zu vermeiden, um nicht einem erneuten Rückstand hinterherlaufen zu müssen. Denn schon zum Ende der ersten Halbzeit war beiden Teams anzumerken, dass sie in diesen 45 Minuten schon ans absolute Limit gegangen waren.
Es hätte dennoch alles gut werden können für den VfL. Wenn Yann Sommer einen besseren Tag erwischt hätte, oder Ramy Bensebaini oder, wenn einfach weniger Angriffe auf das Gladbacher Tor gerollt wären, die am Ende vielleicht die entscheidenden Fehler vor den Gegentoren drei und vier auch ein Stück weit forciert haben.
Vielleicht auch, wenn Schiedsrichter Harm Osmers vor dem 2:3 das klare Foul an Hannes Wolf am Leverkusener Strafraum und Sekunden später das nicht ganz so klare Foul an Marcus Thuram gepfiffen hätte. Dann hätte es zum Beispiel Baileys erfolgreichen Galaauftritt mit Beinschuss von Yann Sommer am kurzen Eck zum 2:3 nicht gegeben.
Es war schade, dass Osmers - nicht zum ersten Mal - zwar eine sehr vernünftige erste Halbzeit ablieferte, in der er viel laufen ließ. In der zweiten Halbzeit dann aber minutenlang überhaupt keine Fouls mehr an Gladbachern ahndete und dann für Breel Embolo erstes Foulk sofort Gelb zückte. Zum Vergleich: Breel war in den 63 Minuten, die er auf dem Platz war, laut Statistik 8mal (!) gefoult worden. Und da waren einige Foulsm die nicht geahndet wurden, noch nicht dabei. Vor dem 2:3 hätte Osmers aus meiner Sicht auf jeden Fall unterbrechen müssen, aber der Pfiff blieb aus und im Gegenzug fiel das Tor.
Dennoch bin ich heute weit davon entfernt, dem Unparteiischen eine tragende Rolle bei dem Ausgang des Spiels zuzuweisen. Nein, Borussia hat sich das schon selbst zuzuschreiben.
Zu viele eigene Fehler, dazu ein bisschen Pech und eine Prise Unvermögen vor dem gegnerischen Tor: das war der echte Schlüssel zum Spiel. So effektiv die Borussen bei den ersten beiden Toren waren, sie hätten auch mit einer Führung in die Pause gehen müssen. Die vermeidbaren Gegentreffer habe ich schon angesprochen, dazu kam die Doppelchance von Embolo und dann Bensebaini, der den Abpraller aus acht Metern mit Wucht an die Latte nagelte statt ins Tor. Und in der zweiten Halbzeit steht in der hinsicht vergebene Chancen vor allem Hannes Wolf im Fokus, weil er nach einem tollen Angriff und dem Fast-Tor von Stindl nach feinem Bensebaini-Pass seine 100-prozentige Einschusschance aus fünf Metern liegenließ und den Ball überhastet sehr weit über das Tor drosch.
Keine zwei Minuten später fiel das 2:3, von dem sich Borussia dann nicht mehr so recht erholte, auch wenn Valentino Lazaros Premierentreffer für Gladbach zum 3:4 ein schon entschieden geglaubtes Spiel in der Nachspielzeit noch einmal "heiß" machte.
Dieses Tor war natürlich eins zum ganz groß Einrahmen: Eine Weltklasseaktion zwischen Genie und Verzweiflung, wie der Österreicher den eigentlich ungünstig in seinen Rücken gespielten halbhohen Ball mittels eines sogenannten "Scorpion Kicks" mit der Hacke über die Schulter unhaltbar für den Torwart ins lange Eck zog.
Es war ein knalliger Schlusspunkt in einer aufregenden Partie, deren Fehlerquote auf beiden Seiten maßgeblich war für die vielen Tore, die wir zu sehen bekamen. Und so war die Freude über dieses sensationelle Tor am Ende natürlich da, aber da es am Ausgang des Spiels nichts änderte, konnte sich auch der Torschütze nicht so richtig darüber freuen, was ihm da gelungen war. Immerhin: In der Wertung "Tor des Jahres" hat der VfL jetzt schon einige Kandidaten im Rennen. Bringt aber leider keine Punkte in der Bundesliga.
Dennoch: Ich kann mich mit dieser Niederlage arrangieren, denn sie war nicht unverdient. Die kämpferische Leistung und auch viele spielerische Akzente und die Tatsache, dass man sich ausreichend Torchancen (und drei Tore) erarbeitete, zeigt, dass man dadurch keinen Knick erwarten muss. Nach dem Programm der vergangenen Wochen muss man einfach eben dann auch mal hinnehmen, dass es nicht ganz gereicht hat. Die Bäume wachsen auch bei Borussia nicht gleich in den Himmel.
Mehr wert war mir heute, dass sich kein Spieler ernsthaft verletzt hat (so hoffe ich) oder Borussia sich noch durch einen Platzverweis für die nächste Bundesliga-Partie geschwächt hätte. So oft, wie Bensebaini heute gegen Bailey in Schwierigkeiten kam, hätte es auch durchaus sein können, dass er heute das Ende des Spiels nicht auf dem Feld erlebt hätte.
Alles in allem - eine durchwachsene Bilanz. Es war sicher mehr drin, es hätte aber auch schlimmer kommen können. Nun gilt: erstmal durchatmen, pflegen, Kräfte sammeln - zumindest für die, die nicht schon wieder zu den albernen Länderspielen fahren müssen. Borussia tut bis jetzt sehr gut daran, keine Leistung zu überzeichnen. Das galt nicht für die Gala in Donezk, und es wird auch nicht in umgekehrter Richtung für dieses Spiel gelten. Und so wird auch nicht einem oder zwei Spielern heute die Schuld zugeschoben, denn beim VfL gewinnt ein Team zusammen und es verliert auch zusammen.
Deshalb heißt es jetzt wieder: Abhaken, daraus lernen und weiter geht's!
Bundesliga 2020/21, 7. Spieltag: Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach 4:3. Tore für Borussia: 0:1 Stindl, 1:2 Stindl (FEM, Embolo), 4:3 Lazaro.
Saisonspende: Drei Tore sind 1,50 Euro für diesen Tag. Damit sind jetzt 36,50 Euro im Spendentopf.
Guter Spielbericht. Was stört beim Blick auf die Tabelle sind die fehlenden Punkte gegen Union und VW. Klar am Ende sind es die Punkte woran man gemessen wird, aber was ein dolles Fußballspiel. Und was wäre es für ein wahnsinns Spiel für den Stadionbesucher gewesen!?! Schade, Schade
AntwortenLöschenDer Unterschied in dieser Saison heißt Sommer ! Nicht nur in diesem Spiel, lag er mindestens eine KLasse unter den Leistungen der lezten Saison (haltbare Tore in BL und Nati, auf der Linie "kleben", schlechte Abspiele die Mitspieler direkt unter Druck bringen). Außerdem wird mehr als ersichtlich, welchen Mehrwert ein Zakaria der Mannschaft geben könnte.
AntwortenLöschenIch will mich auch mal wieder hier einbringen und teile den grundsätzlich positiven Spielbericht. Auch stimme ich Det Gobel zu, dass Jan Sommer diese Saison leider nicht an die Klasse der vergangenen heran kommt.
AntwortenLöschenEin weiterer Kritikpunkt kommt mir meistens jedoch zu kurz und ich möchte mich schon vorher dafür entschuldigen. Grds halte ich nichts davon auf einzelnen Spielern herum zu hacken (so habe ich z.B. die permanente Kritik an Jonas Hofmann nie verstanden, geschweige denn unterstützt). Allerdings verstehe ich derzeit in keiner Weise, wieso ein H. Wolf, einzig wegen seines Tors gg Leipzig (das unser Sohn, der es nie über die Kreiklasse gebracht hat vmtl. auch erzielt hätte) derart gehypt wird und immer die erste Wahl beim Wechseln ist. Meiner Meinung nach haben wir gegen B04 ab der ca. 60. Min (oder wann auch immer Wolf eingewechselt wurde) nur noch mit 10 Mann gespielt. Mal von seiner vergebenen 100% Chance abgesehen hat er bei dem Foul an ihm (das mglw hätte gepfiffen werden müssen) den sterbenden Schwan gemimt (und das nicht zu ersten Mal.....), Ewigkeiten auf dem Boden gelegen während neben ihm der Zweikampf um den Ball stattfand, dessen Gewinn durch einen B04 Spieler schließlich zum Gegentor führte. Man schaue sich die TV Bilder an - nachdem er sich bemühte wieder aufzustehen, steht er teilnahmslos neben dem Kampfgeschehen um den Ball.
Auffällig auch seine fehlende körperliche Robustheit, die ihn in den meisten Zweikämpfen schlecht aussehen lässt. Selbst ein P. Hermann, der wahrlich keine Schwarzenegger Figur aufweist, ist weitaus robuster in Zweikämpfen als ein Wolf. Und spielerisch hat ein Wolf bisher noch nicht den Beweis antreten können, die Nase vor einem Hermann zu haben. Was also bewegt einen auch von mir sehr, sehr geschätzten Trainer, Wolf immer wieder als erste Alternative zu bringen. Meiner Meinung nach schwächt er nicht nur das Team damit sondern auch Wolf selbst, der seine Nichtleistung offensichtlich auch selbst erkennt und m.M.n. dadurch zunehmen an Selbstvertrauen verliert. Anders ist sein Frust nach dem Spiel gegen B04 nicht zu erklären.
So - nun erwarte ich den kompletten Shit-Storm der Borussia Gemeinde. Aber wie gesagt - in diesem speziellen Fall bin ich der Meinung, musste das mal gesagt werden. Ansonsten halte ich selbst nichts davon, einzelne Spieler aufs Korn zu nehmen.
Naja, teilweise gebe ich Dir Recht. Die andere Seite der Medaille ist:
AntwortenLöschen- er hat kaum Spielpraxis
- Rose kennt ihn und sieht offensichtlich Potential in ihm
- somit kann ich den Trainer verstehen.
Danke für eure Kommentare, über die man lange diskutieren kann. Klar, Yann Sommer hat manch schwächere Szene gehabt, allerdings ist das ein Jammern auf sehr hohem Niveau. Wenn man bedenkt, was er trotzdem auch noch hält, muss man ihm ab und zu vielleicht auch eine Fehler wie im Leverkusen-Spiel zubilligen. Ich mache mir jedenfalls kein Sorgen, dass Glasbach deswegen in Not kommen könnte. Vielleicht gibt ihm das Spiel gegen Spanien noch ein bisschen Auftrieb. Was Wolf angeht, finde ich schon, dass er was zeigt. In der U21 der Österreicher war er wohl wieder sehr gut, und als Totalausfall habe ich ihn bei uns auch noch nicht gesehen. Es kommt wohl einiges zusammen. Er wirkt verkrampft, weil er sich unbedingt beweisen will, da agiert er öfter mal unglücklich. Und er muss sich seinen Platz in einer schon funktionierenden und eingespielten Mannschaft erst erarbeiten. Deshalb finde ich es richtig, dass Rose ihn zunehmend bringt. Vielleicht sollten wir ihm einfach noch Zeit geben. Denn seine Fähigkeiten sind unbestritten. Ich glaube, dass wir noch viel Freude an ihm haben werden. Beste Grüße, hoffentlich gelingt der Start in die nächsten Massenspielwochen am Samstag! Beste Rautengrüße an Euch alle, Michael
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