Heute kann und will ich es kürzer machen als sonst. Schließlich kostet der Drei-Tagesrhythmus nicht nur die Aktiven viele Körner. Auch mit dem Schreiben über die Spiele kommt man ja kaum nach. Also ist - nicht ganz ernstgemeint - auch bei mir heute Schonung angesagt. Heute fällt eine schnelle und milde Bilanz aber auch nicht so schwer.
Die erste halbe Stunde war nicht gut, das hat jeder gesehen. Nach passablem Start hatte Borussia einige brenzlige Szenen zu überstehen, hätte gar in Rückstand geraten können.
Und das gegen einen Gegner, der durch Verletzungen, Suspendierungen und eine verheerende Kaderplanung ziemlich geschwächt wirkte. Auf dem Platz machte es die Gäste um ihren zentralen Dreh- und Angelpunkt Mark Uth aber eine halbe Stunde lang - zumindest offensiv - ganz gut. Profitierten sie davon, dass die Borussen den Gegner doch etwas unterschätzt hatten? War es noch die Müdigkeit von den Strapazen der letzten Wochen? Oder war es die auf mehreren Positionen neu aufgestellte Mannschaft, die sich erst finden musste und im Defensivverbund dem Gegner anfangs doch ungewohnt viele Räume ließ und sich im eigenen Spiel nach vorne relativ viele Fehlpässe leistete?
Es ist wahrscheinlich ein bisschen von allem. Und ganz klar: Das hätte auch ins Auge gehen und mit einer Blamage enden können. Wir alle haben doch auch ein kleines bisschen genau das gefürchtet: Dass Schalke seine Sieglos-Serie ausgerechnet in Gladbach beenden würde - gegen den Gegner, gegen den sie im Frühjahr auch das vorerst letzte Spiel gewonnen hatten.
Dass es anders kam und Borussia in diesem Spiel die Kurve kriegte, war gut und wichtig - und durch die klare Leistungssteigerung ab der 30. Minute auch hochverdient. Und vielleicht hat die Rose-Elf auch in dieser Saison schon zu viele unnötige Punkte abgegeben, sodass das Schicksals-Pendel diesmal eben nicht nochmal gegen die Mannschaft ausschlagen mochte.
Aber natürlich hatte es in erster Linie die Gründe, die in den Qualitätsunterschieden zwischen beiden Mannschaften zu finden sind. So resolut, wie Denis Zakaria den Ballgewinn vor dem 1:0 erzwang, so robust zeigte sich auch Kramer mit einer gelungenen Balleroberung, mit der er das 4:1 von Hannes Wolf einleitete. Auch bei der einstudierten Freistoßvariante über Herrmann, Ginter und Plea vor dem vorentscheidenden 3:1 präsentierte sich die Schalker Hintermannschaft überfordert und gedanklich nicht fix genug. Das war mit zunehmender Spielzeit auch an der steigenden Zahl der Fouls abzulesen. Wenn man die Gladbacher Chancen zusammenzählt, hätte das Spiel am Ende auch heute weit höher ausgehen können, weil die Gelsenkirchener ihre anfängliche kompakte Verteidigung irgendwann nicht mehr hinbekamen und zum Ende des Spiels in den Mannschaftsteilen mehr oder weniger auseinanderfielen. Borussia hingegen fand zunehmend zurück zur Sicherheit im eigenen Spiel.
Das Erfolgsrezept war auch, dass der VfL heute (trotz einiger leichtfertig ausgelassener Chancen) insgesamt eine eiskalte Chancenauswertung an den Tag legte. Das beziehe ich auf die Tore und den jeweiligen Zeitpunkt, wann sie fielen. Das sehr schön herauskombinierte Tor zum 2:1 belohnte die Phase, in der sich Gladbach langsam fing, mit der sehr wichtigen und beruhigenden Führung noch vor der Pause.
Das 3:1 kurz nach der Halbzeit, in die auch die Schalker nochmal schwungvoll gestartet waren, brachte Sicherheit und mit diesem Tor war das Spiel eigentlich auch entschieden, weil der Gegner auch von der Bank nichts mehr zuzusetzen hatte.
Das einzig wirklich Ärgerliche heute war die schläfrige Leistung von einem, der es deutlich besser kann. Schiedsrichter Manuel Gräfe ließ das Spiel viel zu großzügig laufen und verzichtete vor allem in der zweiten Halbzeit unerklärlicherweise auf diverse Verwarnungen für Gästeakteure, die reihenweise taktische Fouls begingen oder im Zweikampf oft frustriert einfach zu spät kamen. Oft pfiff er nicht einmal Freistoß für Borussia.
Es ist durchaus in Ordnung, als Schiedsrichter großzügig zu sein und die Spieler an der langen Leine zu führen. Aber nur, wenn beide Mannschaften ungefähr mit gleicher Klinge zu Werke gehen. Die einseitige Verschonung der in dieser Hinsicht mehrfach auffälligen Schalker Spieler, etwa Serdar, Mascarell, Ludewig oder Thiaw war schon auffällig. Zum Glück hatte das für den VfL keine Konsequenzen, außer dass Marcus Thuram wegen Festhaltens an der Mittellinie Gelb (schon die dritte) sah und zwei Schalker in absolut vergleichbarer Situation nicht. Ich weiß, dass im Anschluss an eine Vorteilssituation nicht mehr zwingend Gelb gegeben werden soll und muss. Aber das darf kein Freibrief sein, sämtliche derartigen Angriffe auf den Gegner ungeahndet zu lassen. Das war heute einfach zu viel der Milde gegenüber den Blau-Weißen.
Damit komme ich zurück zum Wesentlichen: zur Freude über diesen wichtigen Sieg, der die Mannschaft auch in ihrer Reife noch ein Stückchen weiterbringen könnte. Sie hat sich gegen Widerstände durchgebissen, sich nicht nervös machen lassen. Das ist sehr gut und das gilt es noch kurz zu genießen: Über das "Wie" und die holprigere Phase spricht schon bald niemand mehr. Denn nächste große Aufgabe steht schließlich schon vor der Tür.
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Bundesliga 2020/21, 9. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - FC Schalke 04 4:1. Tore für Borussia: 1:0 Neuhaus, 2:1 Wendt, 3:1 Thuram, 4:1 Wolf.
Saisonspende: Vier
Tore = 2 Euro. Die 50-Euro-Marke ist fast geknackt: 48 Euro sind im Spendentopf. Ach ja: Und erstmals in dieser Saison war Tony Jantschke ganz nah dran am 10-Euro-Tor. Da hätte ich wirklich gerne für bezahlt.
Ja, ich hatte bei Tony auch kurz vor der Halbzeit den Jubelschrei schon auf den Lippen, aber der Ball ging leider nur am linken Eck vorbei.
AntwortenLöschenZu Gräfe gebe ich Dir total Recht, hat auch schon in der ersten Halbzeit viel zu viel durchgehen lassen (auf beiden Seiten), in der zweiten war seine Leistung unterirdisch.
Hatte auch schon die Befürchtung, dass wir mal wieder einem Tabellenletzten ein Erfolgserlebnis gönne, wurde aber zum Glück enttäuscht :-)
Liebe Grüße aus Düsseldorf
Elke