2021-08-14

Sauber, sog i!

 Football's back in the Park!

Das war ein wirklich toller Auftakt in die Saison: Stimmungsmäßig selbst am Fernseher ein lange nicht dagewesener Genuss und sportlich ein hoffnungsvoller Startschuss nach den doch eher drögen Rose-Abschiedsmonaten. Und insgesamt war es auch ein richtig flottes, ungewohnt offenes Spiel zweier Teams in der Findungsphase zu Beginn der Saison.

Sicher, es war wohl noch nie so leicht wie heute, die Bayern zu schlagen. So viele leichte Fehler habe ich beim Rekordmeister wirklich lange nicht mehr gesehen. Die Chancen auf weitere Tore waren da, mehr als einmal, gerade in den ersten zehn Minuten und in der Schlussphase der Partie. Sie wurden wieder einmal nicht genutzt, leider. Es gibt also genug Dinge, über die man sich ärgern könnte, weil es deswegen am Ende eben nicht drei Punkte, sondern nur einer war. 

Aber am Ende ist auch das 1:1 für beide Teams verdient, denn es hätte genausogut - wie so oft - in Richtung der Bayern kippen können, vor allem in der Druckphase nach der starken Gladbacher Anfangsviertelstunde und zu Beginn der zweiten Halbzeit. Selbst der letzte Angriffsball der Gäste, den Kimmich relativ kläglich aus guter Position neben das Tor setzte, hätte noch für ein unglückliches und unverdientes Ende sorgen können. 

Aber es passt zu dem Eindruck, den Adi Hütter vermittelt und der sich auch im erfolgreichen Pokalspiel gezeigt hat: Kramer und Co. sind bereit, alles reinzuwerfen, auch die Wege zu gehen, die richtig weh tun, und das auch noch in der letzten Minute der Nachspielzeit. Das ist in der Tat etwas, das alle Hütter-Teams ausgezeichnet hat, und das scheint er auch hier in der kurzen Zeit schon gut vermittelt zu haben. 

Es liegen daher Welten zwischen dem letzten kläglichen Auftritt in München, der ja noch nicht so lange her ist, und dem Spiel heute, in dem die Borussia dem Gegner von der ersten Minute an signalisiert hat, dass sie nicht klein bei geben wird. 

Das sieht man an dem unverwüstlichen Stevie Lainer, dem Wühler Stindl, aber auch an Chris Kramer und Flo Neuhaus, die ja als Kilometerfresser bekannt sind, aber dennoch heute mit Krämpfen an ihre Grenzen kamen. Man sieht es aber auch an Joe Scally, der nach seinem guten Debüt in Kaiserslautern heute noch zwei Schippen drauflegte, nahezu fehlerlos auftrat und damit Sané vor allem in der ersten Halbzeit zum Statisten degradierte. Scally bewegt sich in der Mannschaft, als wäre er schon jahrelang dabei. Besonders auffällig, dass er mit dem Ein-Kontakt-Fußball, mit dem sich die Mannschaft immer wieder aus engen Situationen an der Seitenlinie befreit, hervorragend zurecht kommt. Seine Pässe sind präzise, seine Ballannahme sauber, da ist in kurzer Zeit eine echte Alternative auf dieser Position herangewachsen. Eindrucksvoll.

Erfreulich finde ich auch die Entwicklung bei Hannes Wolf. Auch heute hatte er einige ärgerlich-unpräzise Zuspiele drin, die möglicherweise gute Chancen verschenkten. Aber er eroberte wieder viele Bälle, schloss Räume, ging konsequent selber verlorenen Bällen hinterher - und gewann einige auch prompt zurück. Da zeigt eine Formkurve klar nach oben. Aber das gilt es für ihn nun zu bestätigen, bevor seine Konkurrenten um den Stammplatz alle wieder bei vollen Kräften sind.

Patrick Herrmann wiederum hätte sich in seinem 300. Spiel früh belohnen müssen, doch wie schon in Kaiserslautern wählte er die falsche Lösung und vertändelte seine Schusschancen. Davon abgesehen ist sein Einsatz vorbildlich.
Fleißig, schnell und mit gutem ersten Kontakt am Ball: Auch Keanan Bennetts ließ erneut sein Können aufblitzen. Vielleicht hat er beim nächsten Mal dann noch das Selbstvertrauen, genauso zielstrebig in die Box zu ziehen oder mal draufzuhalten, wie er an der Außenlinie agiert. Vielleicht erobert er sich ja doch noch seinen Platz im Kader, nach den letzten beiden Kurzeinsätzen würde ich das nicht ausschließen.

Aus einer absolut überzeugenden Mannschaft muss trotzdem natürlich heute Yann Sommer hervorgehoben werden. Wäre er nicht gewesen, mit seinen unglaublichen Reflexen bei Schüssen aus zwei bis fünf Metern - wir müssten uns keine Gedanken über vorenthaltene Elfmeter und vergebene Chancen machen. Das war wahnsinnig stark vom Schweizer.

So gesehen muss man ihm ja schon fast die Schuld für die Aufregung in den Schlussminuten geben. ;-)

Da war dann noch mal ordentlich was los, und ein weiteres Kapitel Gladbach und die Schiedsrichter wurde geschrieben. Es gab: zwei klare Fouls an Marcus Thuram, zweimal großzügig übersehen vom Feldschiedsrichter Marco Fritz und nicht beanstandet vom Kölner Keller in Person von Christian Dingert. Es ist wie so oft, dass offenbar an Gladbach neue Regeln ausprobiert werden. Oder waren es alte? Wer weiß das schon.

In Szene eins greift Upamecano mit dem Arm an Thurams Schulter und trifft ihn gleichzeitig unten am Fuß, sodass Thuram unkontrolliert hinfällt und den Pass kurz vor dem Tor nicht bekommen und verwandeln kann. Eigentlich eine klare Sache, und da Fritz die Szene wohl nicht komplett im Blick hatte, eigentlich auch die klare Möglichkeit des VAR, ein Review zu empfehlen. Was die beiden Schiris besprochen haben, weiß ich natürlich nicht, doch Fritz entschied auf Weiterspielen, ohne sich die Szene selbst nochmal anzuschauen. 

Zwei Minuten später setzt sich Thuram gegen Upamecano durch, kreuzt vor ihm am Fünfer, sodass der Münchner hinter Thuram keine Chance mehr hat, den Ball zu spielen. Dennoch gibt es drei klare Kontakte, die Thuram beinträchtigen und zu Fall bringen, bevor er aufs Tor schießen kann. Vergangene Saison gab es mehrere Elfmeter in ganz ähnlicher Art für Thuram. Hier aber ließ sich Fritz auf gar keine Diskussion ein. Schon während Thuram fiel, winkte er energisch "Weiterspielen", hatte also keinerlei Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidung, die die Fernsehbilder aber nicht recht stützen können. 

Es ist für mich einmal mehr absolut unverständlich, warum ein Schiedsrichter die technischen Hilfsmittel nicht nutzt, um so eine Szene sicher aufzulösen. Oder warum ihn der VAR nicht mutig darauf hinweist, dass er falsch liegen könnte. Es soll ja ab dieser Saison weniger Elfmeterpfiffe geben, wenn es der Stürmer merklich auf den Kontakt mit dem Gegner abgesehen hat. Diese Linie finde ich richtig. Aber um zu beurteilen, ob es sich wirklich so verhält, sollte man die Videobilder nutzen. Sonst endet doch wieder alles in Diskussionen um "zu wenig" oder "gerade so genug Kontakt" für einen Elfmeter.

Mein Verdacht hier: Gerade in Szene 2 unterstellte Fritz, dass sich Thuram nur fallen ließ, um nach der vorhergehenden Szene eine Konzessionsentscheidung zu erzwingen. Thuram ließ sich aber gerade nicht leichtfertig fallen, er wurde gefoult. Und so krönte der Feldschiedsrichter seine insgesamt schon sehr dürftige Leistung mit zwei glatten, möglicherweise spielbeeinflussenden Fehlentscheidungen. 

Fritz pfiff in einem hart umkämpften Spiel mit etwa 250 teils knackigen Zweikämpfen insgesamt nur zehn Fouls und gefiel sich darin, so gut wie alles laufenzulassen, im übrigen durchaus auf beiden Seiten. Besonders auffällig ein (unabsichtlicher), aber heftiger Tritt von Lewandowski auf den Knöchel von Scally, der zwingend mit Gelb hätte geahndet werden müssen. Es gab nach der Verletzungsunterbrechung aber: Einwurf für die Bayern. Ebenso überraschend, dass es mehrfach klar falsche Entscheidungen bei Ecke/Abstoß oder bei Einwürfen gab.
Angesichts dieser "Leistung" und den beiden verweigerten Elfmetern war die Kirsche auf der Torte dann die Gelbe Karte, die er dem etwas zu heftig protestierenden Adi Hütter in der Schlussphase zeigte, in seiner unnachahmlich selbstherrlichen Art natürlich. Es sind solche Gelegenheiten, die uns sicher noch oft wehmütig an jemanden wie Manuel Gräfe denken lassen.

Aber egal, es hilft nichts: Verpfiffen ist verpfiffen und wird nicht "zurückgegiven". Die Hütter-Elf hatte genug Chancen, die Sache auch anders zu regeln, das Remis geht in Ordnung, zumal angesichts der noch immer angespannten Personalsituation. 

Und was vielleicht das Wichtigste ist: Mit der Art und Weise, wie die Mannschaft heute und am vergangenen Montag aufgetreten ist, geht ein Ruck durch alle: Wer so kämpft und spielt, hat uns Fans sofort wieder bedingungslos auf seiner Seite. Und holt sich natürlich auch Selbstvertrauen auf dem Platz für die nächsten Aufgaben. Dieser Anfang ist gemacht, der Gladbacher Spirit war heute auch am TV schon wieder spürbar - das freut mich total und macht Hoffnung auf eine gute und sehenswerte Saison.  


Bundesliga 2020/21, 1. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - FC Bayern München 1:1. Tor für Borussia: 1:0 Plea.

Saisonspende: Mit dem Tor von Alassane Plea kommt heute ein Euro dazu. Mehr war drin, aber dies verhinderten die Borussen mit ihrer Schwäche vor dem gegnerischen Tor und das grandiose Elfmeterverweigerungsgespann Marco Fritz/Christian Dingert. Dennoch: Spendenstand 3 Euro - für den Anfang nicht schlecht.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.


1 Kommentar:

  1. Michael,

    so schön, dass Du wieder mit Deinen fundierten Kommentaren den Spieltag abrundest.
    Bin in Deiner Einschätzung ganz bei Dir, da kann etwas heranwachsen.
    Über die Schiedsrichter- und VAR-Leistung mag ich keine Worte verlieren, zu unterirdisch, leider.

    Und natürlich werde ich in dieser Saison Deine Spendenaktion wieder unterstützen!

    Liebe Grüße aus Düsseldorf
    Elke

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