2015-04-12

Lucien und die Milchmädchenfragen

Angefangen habe ich mit diesem Blog eigentlich, um zu verarbeiten, was so alles in den Spielen meiner Borussia passiert, schiefläuft oder zum Kommentieren reizt. Seit einigen Spielen - zumindest in der Bundesliga - bleibt da gar nicht so viel. Zu meckern gibt es angesichts des Laufs mit Siegen gegen Bayern, Hoffenheim und jetzt auch noch Dortmund wahrlich nichts. Höchstens Feinheiten sind es, die in diesen Spielen zu verbessern waren. Und ich sitze entspannt wie noch nie vor dem Fernseher, weil der VfL so souverän auftritt, dass man gar nicht fürchten muss, dass da etwas schiefgeht.

Wie, Stranzl fehlt? Kramer gelbgesperrt? Egal, es rückt der nächste in die Mannschaft und jeder fügt sich nahtlos ein. Borussia im Frühjahr 2015, das macht einfach Spaß. Hab ich da gerade "Bielefeld" gehört - ach Scheiß drauf, damit beschäftige ich mich jetzt nicht mehr.

Und damit bin ich bei Lucien Favre und seiner liebenswert-verständnislosen Art, die ihn am Wochenende wieder einmal als "kauzig" in die Schlagzeilen gebracht hat.
Und ich kann seine Reaktion außerordentlich gut verstehen. Warum über Bielefeld reden, wenn man gerade Dortmund weggefidelt hat? Warum über einene albernen Vergleich noch Worte verlieren, der niemandem etwas bringt, außer, dass er die konstruierten Helden- und Versagergeschichten von Sportreportern bedient. "Ausgerechnet" ist da die unvermeidliche Vokabel der Wahl. "Ausgerechnet" die Bayern-Bezwinger verlieren gegen einen Drittligisten. "Ausgerechnet" die Pokalversager schicken Kloppos Hühnerhaufen wieder in den Abstiegskampf. Ausgerechnet!
In diese Welt passt natürlich nicht die einfache Erkenntnis, dass jedes Spiel für sich zu beurteilen ist und man von dem einen nicht auf das andere schließen kann. Milchmädchenrechnung hieß das früher, heute gehört es zum Standardwerkzeug des Reporterbaukastens, auf Teufel komm' raus solche absurden Vergleiche zu ziehen.
Lucien Favre interessiert das nicht, und mich ehrlich gesagt auch nicht. Lulu versteht es ganz offenbar immer wieder perfekt, sein Team individuell und punktgenau auf den nächsten Gegner einzustellen - zumindest wirkt es für mich als Außenstehenden so. Viel Zeit bleibt zwischen den Spielen dafür ohnehin nicht. Insofern kann ich auch seinen aufsteigenden Ärger gut nachvollziehen, wenn er dennoch tagelang in Interviews immer wieder über vergossene Milch sprechen soll. Gibt das Pokal-Aus der Mannschaft einen Knacks? Wie verdaut man einen solchen Nackenschlag? Alles gut und schön. Aber dieses Spiel ist nun mal verloren und es kommt so schnell nicht wieder. Der Drittligistenspuk ist für diese Saison beendet.

Was real ist, ist die Herausforderung in der Liga, die schwere Aufgabe, sich Leverkusen vom Hals zu halten. Das hat der VfL ein weiteres Wochenende mit Bravour erledigt. Und dann kommt nach diesem tollen Spiel als erstes und auch immer wieder die Reporterfrage nach diesem dämlichen Ort in Ostwestfalen. Ausgerechnet! Dass einem Trainer da die Hutschnur hochgeht, ist für mich völlig nachvollziehbar und in Ordnung.

Also machen wir es jetzt wie Favre und schauen auch nur noch auf das nächste Spiel. Da geht es gegen die Eintracht aus Frankfurt, und wie jeder weiß, wird dieses Spiel besonders schwer. Es ist aus der Hinrunde noch eine Rechnung offen - es war bisher die einzige, zudem völlig unnötige Heimniederlage und das einzige Spiel in der Liga, in dem Borussia drei Gegentore fing. Da lohnt es sich umso mehr, die Vergangenheit ruhen zu lassen und sich nur auf den nächsten Schritt zu konzentrieren - damit die Reporter am Freitagabend nicht sagen können: "Ausgerechnet Eintracht Frankfurt!"

Bundesliga, 28. Spieltag 2014/15: Borussia Mönchengladbach - Borussia Dortmund 3:1 (11.4.15)


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