2015-10-22

Ein 0:0 zum Freuen

Ich gebe zu, ich kann einem Remis selten etwas abgewinnen, noch weniger, wenn es ein torloses Spiel war. Doch das 0:0 am Mittwochabend in Turin war ein Unentschieden, über das ich mich auch heute noch richtig freuen kann.

Nicht nur, dass es den historischen ersten Punkt in der Gladbacher Champions-League-Geschichte markierte, der angesichts der bärenstarken Defensivleistung auch noch verdient war. Mangels eigener Chancen vor Buffons Tor war es an diesem Abend ja auch das Maximum, was für den VfL drin war. Wer lange genug Borussia-Fan ist, weiß, wie ein solches Spiel sonst normalerweise verläuft - mit einem unglücklichen, am besten noch abgefälschten Gegentor in den letzten Minuten oder, neuerdings ja in Mode, durch einen Elfmeter. Nichts von dem passierte, und so war es trotz fehlender Torszenen auf beiden Seiten doch ein packendes Spiel, bei dem sich zudem die 4000 Gladbacher Fans stimmlich hervorragend behaupten konnten - diesmal auch ohne Pyrotechnik. Ein rundherum gelungener und sympathischer Auftritt für unsere Borussia also. 

Dass es auf dem Feld für den VfL so gut lief, lag auch an einem wirklich guten Schiedsrichter. Borussia musste ja gerade auf europäischer Bühne schon mit manch schlechtem Referee zurechtkommen. Diesmal nicht. Craig Thomson ließ zwar für meine Begriffe manchmal zu viel laufen, vor allem bei Angriffen von hinten, die dann zu Ballverlusten führten. Das machte er aber auf beiden Seiten, sodass kein Team benachteiligt wurde. In den entscheidenden Szenen war der Schotte jedoch sehr souverän und lag goldrichtig: Zum einen, als er die Fallsucht des schwachen Mario Mandzukic im Strafraum korrekt bewertete. Noch viel wichtiger aber war seine Wahrnehmung (oder die seiner Assistenten) bei der Schrecksekunde in der ersten Halbzeit, als Dominguez seinen unerklärlichen Fehlpass in die Beine von Morata fast mit einem Platzverweis bezahlt hätte.
Es war völlig richtig, hier nur Gelb zu geben, da Morata den Ball zur Seite und nicht steil Richtung Tor spielte. Damit wäre er nicht uneinholbar gewesen, Korb auf der anderen Abwehrseite hätte zum Beispiel noch eine gute Chance gehabt, einzugreifen. Doch was hätte das alles genutzt, wenn ein Schiedsrichter doch die Rote Karte gezogen hätte, zumal bei einem Foul gegen die Heimmannschaft. Der Punktgewinn hat also auch einiges mit den guten Entscheidungen des umsichtigen schottischen Unparteiischen zu tun. Weil ich hier sonst ja oft über Schiri-Leistungen klage, will ich das nochmal betonen.

Zu den stärksten Spielern gehörten in einer Abwehrschlacht wie dieser naturgemäß die Abwehrspieler, allen voran Andreas Christensen, der von Spiel zu Spiel sicherer agiert. Sehr stabil sind gleichwohl die Außenverteidiger Korb und Wendt, wobei sich beide gegen Weltstars wie Cuadrado und Pogba hervorragend aus der Affäre zogen.
Dass Alvaro Dominguez bis auf seinen Aussetzer eine richtig gute Partie ablieferte, soll auch nicht unterschlagen werden. Auffällig ist allerdings, dass ihm in den letzten beiden Spielen unbedrängt grobe Fehler unterlaufen sind, die zum Elfmeter (in Frankfurt) und fast zur Roten Karte geführt hätten. Möglicherweise zollt er jetzt dem Kräfteverschleiß der vergangenen Wochen etwas Tribut, schließlich kam er nach Favres Abgang fast ohne Training in die Startelf und spielte seitdem (auf hohem Niveau) durch. Das soll die Leistung der übrigen Spieler aber nicht schmälern, der VfL zeigte auf allen Positionen eine laufstarke Leistung und enormen kämpferischen Einsatz. Hut ab!

Was der Punkt von Turin am Ende in der Tabelle wert sein könnte, interessiert mich jetzt noch gar nicht. Wichtig war er vor allem für die Moral, als Zeichen, dass die Mannschaft auf diesem Niveau eben nicht nur "mithalten" und am Ende doch mit leeren Händen dastehen kann (wie gegen Kiew, Lazio, Sevilla und Manchester). Die Schubert-Elf ist noch keine europäische Topmannschaft, aber sie kann gegen eine solche mehr als nur Punktelieferant sein. Und das fühlt sich geil an.

Champions League, Gruppenphase, 3. Spieltag: Juventus Turin - Borussia Mönchengladbach 0:0 (21.10.2015)

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