Oh Mann! Borussia gegen Real - es hätte ein Spiel für die Ewigkeit werden können. Bis zur 93. Minute war es das auch. Doch dann wurde es doch nur wieder das, was man als erfahrener Gladbach-Fan in solchen Situationen stets befürchtet: Ein "Das-hab-ich-kommen-sehen"-Ergebnis. Viel Lob, aber nicht die verdiente Belohnung für einen außergewöhnlichen Auftritt. Der Stich im Magen, jedes Mal, wenn man über das "Was wäre gewesen, wenn..." nachdenkt.
So, damit hake ich die schlechten Gedanken, die sich in der Schlussphase in die Partie gemischt haben, für heute allerdings auch mit Nachdruck ab. Ich drücke die Enttäuschung darüber beiseite, dass der VfL innerhalb von einer nicht einmal einer Woche zwei Weltklasseteams an den Rand einer Niederlage gebracht hat und am Ende dann doch nur mit je einem Punkt dastand.
Ich pfeife darauf, dass diese beiden ehrenwerten Ergebnisse es zugleich etwas wahrscheinlicher machen, dass wir am Ende in dieser Hammergruppe hauchdünn das Weiterkommen verpassen könnten, und dies dann möglicherweise an diesen heutigen paar Sekunden Nachspielzeit zu viel gelegen haben könnte.
Denn bei mir überwiegt klar die Freude über diese Leistung. Ich möchte mein Team feiern. Denn so jämmerlich der Rahmen eines leeren Stadions war: Es war, was das Geschehen auf dem Rasen anging, mal wieder ein echter, ein großer Europacup-Abend. Und es war nicht der haushohe Favorit aus Madrid, der ihn bestimmt hat, sondern unsere kleine Borussia. Es war der VfL, der nach fordernden 15 Minuten, in denen Flo Neuhaus und Co. keinen rechten Zugriff aufs Spiel bekamen, nach und nach aufdrehte. Es war, taktisch und ergebnistechnisch, ein "fast perfektes Spiel".
Nein, es war kein rauschendes Fest mit einer spielerisch entfesselten Mannschaft, die einen Favoriten dann förmlich überrollt, wie es vor über 30 Jahren beim 5:1 im Rheinstadion gelang. Dafür war es über 70 Minuten eine wahnsinnig disziplinierte taktische (Meister-)Leistung der Mannen um Chris Kramer, die gegen den Ball in einer 4-2-4-Ordnung äußerst präzise verschoben und dem Gegner damit fast keine Räume ließen, um sich in gefährliche Situationen zu kombinieren.
Real hatte zwar in der ersten Halbzeit zehn Abschlüsse in der Statistik, doch nur einer wurde wirklich zur Gefahr für das Tor von Yann Sommer. Der Rest war viel Ratlosigkeit und Frust bei den Königlichen. Das war natürlich nicht immer besonders attraktiv anzuschauen - aber es war beeindruckend und vor allem: sehr effektiv.
Veredelt wurde diese bärenstarke erste Halbzeit durch den wunderschönen Spielzug zum 1:0. Wieder einmal durch cleveres Pressing von Hofmann, Plea und Stindl erzwungen, durch einen tollen Pass von Neuhaus eingeleitet, dann durch Hofmann und Plea so serviert, dass Marcus Thuram nur noch danke sagen musste. Ein weiteres Tor der Extraklasse in diesem Wettbewerb. Und ein Zeichen an die Konkurrenz.
Denn mit diesem Tor löste sich auch das letzte Stückchen Ehrfurcht vor dem Gegner.
Stand in der ersten halben Stunde noch das konzentrierte Verschieben und zerstören gegen den Ball im Vordergrund, befreiten sich die Borussen im Anschluss immer öfter und besser und erkämpften sich ihrerseits längere Ballbesitzphasen, was wichtige Entlastung und Zeit zum Durchatmen brachte.
Das bereitete Real zunehmend Kopfzerbrechen, deren Passfolgen wurden zwar immer länger, aber ohne, dass sie die Gladbacher Hintermannschaft wirklich hätten aushebeln können. Und wenn doch Bälle in den Strafraum flogen, wurden die konzentriert und robust wegverteidigt. Auch der gefürchtete Sergio Ramos fand bei Standards immer wieder seinen Meister. Erst in der Schlussphase, als die Innenverteidigung der Gäste komplett in den Sturm wechselte und so Überzahl schaffen konnte, setzte sich dann auch Ramos - wie beim 2:2 - in Szene.
Wie positiv sich diese reife erste Halbzeit auf das Selbstvertrauen ausgewirkt hatte, konnte man auch nach der Pause fast staunend beobachten. Gladbach wurde frecher und kam zu weiteren Chancen, nutzte gar den zweiten Torschuss zum 2:0. Und hätte man dann einen der folgenden aussichtsreichen Angriffe genauso eiskalt genutzt, wären die Madrilenen heute sicher nicht mehr zurückgekommen.
Die Kräfteverhältnisse änderten sich erst in der Schlussviertelstunde wieder. Mit der Einwechslung von Luka Modric und Eden Hazard wurde das Spiel von Real variabler und mit schwindenden Kräften fiel es den Schützlingen von Marco Rose immer schwerer, noch alle Lücken zuzulaufen. Entlastung gab es kaum noch, obwohl die Räume nach vorne dagewesen wären.
Viele schwer zu verteidigende Freistöße aus dem Halbfeld kosteten zusätzlich Körner und Konzentration und schließlich reichte Madrid ein guter Laufweg und eine nicht verhinderte lange Flanke aus, um Gladbach anzuknocken und sich durch Benzema wieder ins Spiel zu bringen. Besonders ärgerlich, dass der späte Ausgleich auf ganz ähnliche Weise fiel. Andererseits war das größere Versäumnis der Mannschaft gewesen, nicht vorher eine der vorhandenen guten Konterchancen (Stindl, Plea) vernünftig ausgespielt zu haben. Oder gar noch nach dem Ausgleich zurückzuschlagen. Doch auch der aussichtsreiche letzte Angriff versandete mit einem ärgerlich leichten und überhasteten Fehlpass im Strafraum. Das 3:2 in allerletzter Sekunde wäre wahrlich ein Statement gewesen.
Nun ist es anders gekommen. Statt vier oder sechs durchaus greifbaren Punkten steht Borussia bei nur zweien. Das sagt aber immer noch nicht viel über die Chancen aus, im dritten Anlauf in der Champions League vielleicht das erste Mal die Gruppenphase auch überstehen zu können.
Andererseits nimmt das Team auch aus diesem Spiel wieder so unglaublich viel Erfahrung mit. Und wenn man die Entwicklung vom Wolfsburg-Spiel über Inter und Mainz bis heute ansieht, ist Borussia innerhalb von zwei Wochen ein ganzes Stück weiter gekommen, sowohl was die Fitness und Form der Schlüsselspieler angeht, als auch was den Umgang mit schwierigen Situationen im Spiel angeht.
Das 2:2 heute wie das von Mailand waren trotz der Enttäuschung am Ende viel mehr wert, als es an der Tabelle ablesbar ist.
Denn ich habe den Eindruck, dass die Jungs schnell dazulernen und dass ihnen dafür gerade die Duelle auf diesem Niveau guttun. Und wenn Plea und Thuram erst fit für volle 90 Minuten
sind, dann machen sie in so einem Spiel dann irgendwann einfach früher den Deckel drauf. Hoffentlich. Davon träume ich jetzt einfach. Basta.
Champions League
2020/21, Gruppenphase, 2. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Real Madrid 2:2. Tore
für Borussia: 1:0 Thuram, 2:0 Thuram.
Saisonspende: Zwei Tore von Marcus Thuram bedeuten einen weiteren Euro, das Spendenkonto steigt auf 17 Euro.
Reminder: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.