Whoo-hoo! Was für ein packendes Spiel! Welch schöner Erfolg! Das 2:2 von Borussia Mönchengladbach im San Siro ist bemerkenswert. Man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben. Doch der Reihe nach.
Ein Punkt ist ein Punkt ist ein Punkt. Was er für Borussia in der Champions League in der Endabrechnung wert sein wird, muss man am ersten Gruppenspieltag sicher noch nicht diskutieren. Aber er kann sehr wichtig sein. Dass dies gegen eine ungleich höher einzuschätzenden Gegner und in dessen Stadion ein gewonnener und verdienter Punkt war, steht außer Frage. Und deshalb gehe ich heute sehr gelöst und sehr zufrieden an meinen Text zum Spiel - nachdem ich gefühlt zwei Stunden gebraucht habe, um wieder zu meinem Ruhepuls zurückzukehren.
Auch während des Spiels war es mit Gelassenheit natürlich nicht weit her. Es war eine aufreibende Partie, und nichts anderes war ja auch zu erwarten gewesen. Der VfL mit seiner in den bisherigen Spielen gezeigten seltsamen Mischung aus Genialität, Schludrigkeit und Phlegma gegen den übermächtig scheinenden Brocken aus Mailand - den Euro-League-Finalisten und italienischen Vizemeister, einen Verein mit ganz anderen finanziellen Möglichkeiten, als es der Herausforderer vom Niederrhein je sein wird.
Nun kann man lange darüber diskutieren, ob es denn verzeihlich ist, dass die Rose-Elf auch diesmal eine späte Führung nicht noch die paar wenigen Minuten über die Zeit bringen konnte. Natürlich war das ärgerlich, ganz klar. So kurz vor dem Ziel dann doch wieder diese eine Unaufmerksamkeit, die eine erfahrene und abgezockte Mannschaft wie Inter in Person des eiskalten Torjägers Romelu Lukaku sich einfach nicht entgehen lässt.
Andererseits wäre es ungerecht, die Leistung der Mannschaft damit "am langen Ende" und "ein Stück weit" zu entwerten. Denn erstens war der VfL heute, was das Ausnutzen von Torchancen anging, noch deutlich effektiver als der Gegner. Und zweitens war dieses Spiel über die gesamten 97 Minuten weit mehr als nur der kleine Nackenschlag zum Schluss. Es gab heute eine erstaunliche Entwicklung zu sehen, an der sich das Team zurecht hochziehen kann und aus dem es sehr viel für die nächsten Aufgaben mitnehmen kann. Und wir Fans auch.
Denn nach einem forschen Beginn, der Inter in den ersten Minuten erfolgreich weit weg vom Tor von Yann Sommer hielt, mussten Chris Kramer und seine Nebenleute in der Folge immer mehr Raum abgeben. Die Gastgeber kamen besser ins Spiel, erstickten das Gladbacher Aufbauspiel mehr und mehr und zwangen den Gegner zum häufigen Quer- und Zurückspielen. Zwar waren immer wieder Räume auch für etwas riskantere Steilpässe nach vorn dagewesen. Doch da der Respekt gegenüber den robusten Inter-Akteuren von Minute zu Minute zu wachsen schien, wurde ein ums andere Mal der sicherere Rückwärtsgang eingelegt. Das sah nach einer Weile dann schon wieder phasenweise aus wie gegen Union oder gegen Wolfsburg - nur gegen einen wirklich starken Gegner.
So schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, wann Mailand in Führung gehen würde. Perisic konnte zu oft über links frei flanken, und in der Mitte näherte sich Inters Superstürmer Lukaku diesen Flankenbällen immer mehr an. Hätte Nico Elvedi nicht so einen absoluten Sahnetag erwischt, dann hätte es wohl schon in der ersten Halbzeit in Sommers Tor geklingelt.
Dass selbst eine defensive Klasseleistung des Schweizers nicht ausreichen würde, den äußerst geschickten Zweikämpfer im Inter-Trikot ganz aus dem Spiel zu nehmen, war zwar absehbar. Umso bitterer, dass es dem belgischen Stürmer ausreichte, Elvedi im ganzen Spiel dreimal zu entwischen, um zweimal ins und einmal haarscharf neben das Tor zu zielen.
Dennoch schafften es die Schützlinge von Marco Rose, sich in Richtung Halbzeitpause wieder besser zu befreien und ein paar Nadelstiche nach vorne zu setzen. Irgendwann setzte zwar stets ein unpräzises Zuspiel dem Entstehen einer echten Torchance ein Ende. Doch es war deutlich zu sehen, wie sich das Team als Team Stück für Stück freikämpfte und freispielte - und sich so buchstäblich auf dem höheren Niveau der Champions League zu akklimatisieren begann.
Somit war das torlose Ergebnis zur Halbzeit dem Spiel auch durchaus angemessen - auch wenn einige Unsicherheiten zu sehen waren, die auch schon in den Spielen vorher zu beobachten gewesen waren.
Mit dem Anpfiff der zweiten 45 Minuten war von der mutigeren Borussia allerdings kaum noch etwas zu sehen. Inter drückte nun stärker nach vorn und kam durch die Einwechslung von Lautaro Martinez zu mehr Bewegung im Angriffsdrittel und damit auch leider viel zu schnell zum Führungstreffer. Ab da war klar, dass es sehr schwer werden würde, hier wieder zurückzukommen.
Doch der VfL war nicht bereit, schon die Segel zu streichen. Das hatte auch etwas mit dem vielleicht größten Lerneffekt aus der ersten Hälfte zu tun. Da hatte die Rose-Elf schmerzhaft erfahren müssen, was ein niederländischer Fifa-Spitzenschiedsrichter alles so nicht pfeift. Und die Spieler begriffen schnell und nahmen das an. Zum Glück blieb Björn Kuipers seiner großzügigen Linie treu, sodass auch der VfL nun öfter mit der nötigen Zweikampfhärte zu Werke ging und gehen konnte. In der Folge bekam die Mannschaft mehr Zugriff und lief bis auf Ausnahmen, die dann auch gleich wieder zu gefährlichen Szenen führten, auch die Räume wieder besser zu.
Dass die Mannschaft sich auch bei einem Rückstand nicht frühzeitig aufgibt, wissen wir schon aus der letzten Saison. Was wie schon beim Wolfsburg-Spiel dazukam: Es gelingt den Spielern derzeit auch mal etwas, wenn man es gerade nicht unbedingt erwartet. So fielen beide Tore nicht aus heiterem Himmel, aber doch auch nicht so, dass man sie sekündlich erwarten konnte.
Klasse, wie sich Marcus Thuram in der Elfmeterszene im Strafraum durchsetzte, sodass Vidal nur der Fußangler blieb. Es war übrigens schon der dritte Elfmeter, den der Franzose in dieser Saison rausgeholt hat. Bei dem heutigen regte mich aber richtig auf, wieso man für dieses klare Foul erst einen Videoreferee brauchte. Selbst wenn Kuipers es nicht genau gesehen hatte - es war an Thurams Fallen klar abzulesen, dass er da nicht absichtlich so hatte hinfallen können. Aber egal, nach einer Minute Rumbrüllen meinerseits hatte es ja dann auch der Schiri eingesehen.
Gut, wenn man in einer so wichtigen Phase des Spiels einen guten Elfmeterschützen zur Hand hat. Wie Bensebaini da wiederholt aus elf Metern den Ball links wie rechts hart und präzise neben den Pfosten platzieren kann, ist schon beeindruckend. Ein wirklich eiskalter Hund! Allerdings war er ja auch auf der Filip-Daems-Gedächtnisposition unterwegs, das färbt ja vielleicht ab ;-)
Höhepunkt des Spiels war für mich dann aber der unverhoffte und auch gar nicht so ganz hochverdiente Führungstreffer durch einen bemerkenswert abgebrühten Beinschuss von Jonas Hofmann gegen Routinier Handanovic im Inter-Tor. Dieser feine Ball durch die Beine war die gerechte Strafe dafür, dass der Keeper kurz zuvor bei einer Harakiri-Aktion weit außerhalb des Strafraums Plea rüpelhaft angesprungen hatte und heilfroh sein musste, dass er dafür nur mit Gelb davonkam.
Aber klar, dieses Tor ist nicht nur deshalb so sehenswert. Ohne den Sensationspass von Flo Neuhaus,der scharf durch alle Mailänder Abwehrketten schnitt, wäre das nicht zustande gekommen. Und natürlich wäre dieser Spielzug nicht so hinreißend schön geworden, dass man ihn sich ausschneiden und an die Wand hängen möchte. Das. War. Ein. Weltklassetor! Und ganz ehrlich: Wenn uns das nach fünf Minuten Hin- und Herspulen in der Videokabine wegen eines Hauchs von Abseits wieder aberkannt worden wäre, dann hätte das schon fast Büchsenwurf-Dimensionen gehabt.
Zum Glück triumphierte in dieser Szene nicht die schnöde Technik über die Genialität des fußballerischen Moments. Das lässt mein Fanherz dann im humorlosen Fußballbusiness auch einmal wieder ganz besonders frohlocken.
Gut, es fiel dann doch noch auf der falschen Seite einer rein. Zwar nach einer für die Verteidiger eklig hereingespielten Ecke, doch diese wiederum resultierte aus einer weiteren leichten Flanke von der linken Abwehrseite. Das sind Dinge, die vermeidbar wären. Andererseits konnte sich so auch Yann Sommer beim Kopfball von Darmian noch mit einer Klasseparade auszeichnen. Vielleicht war das diese eine weit überdurchschnittliche Szene, die er braucht, um wieder zurück auf sein absolutes Top-Niveau zu kommen. So wie sich die Spieler heute vom Torwart bis zum letzten Einwechselspieler in die Königsklasse reingebissen, sich gegenseitig in jeder Szene gepusht und damit auch viel Selbstbewusstsein getankt haben dürften.
Sie haben gezeigt: Wir sind ein Team. Wir sind Borussia! Und wir lassen uns auch von großen Namen und Ausnahmespielern nicht bange machen. Auf diese Jungs und ihren heutigen Auftritt bin ich wirklich stolz, auch wenn er natürlich nicht frei von Fehlern war. Aber mit dem Ergebnis und der Art und Weise, wie er zustande kam, lässt es sich heute gut einschlafen.
Es scheint, als finde der VfL so langsam seinen Flow und wird warm mit der Corona-Saison. Hoffen wir, dass sich dieser Eindruck verfestigt und nicht gegen Mainz wieder alte Unsicherheiten aufbrechen.
Champions League
2020/21, Gruppenphase, 1. Spieltag: Inter Mailand - Borussia Mönchengladbach 2:2. Tore
für Borussia: 1:1 Bensebaini (Foulelfmeter, Thuram), 1:2 Hofmann.
Saisonspende: Zwei Tore alias 1 Euro kommen durch Ramy und Jonas heute dazu, damit steht das Spendenkonto aktuell bei 14,50 Euro.
Zur Erinnerung, darum geht's: Ich
spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere)
gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme
setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in
den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony
Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder
Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in
Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro.
DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.
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