Heute war alles anders als gedacht, erwartet, befürchtet. Das fühlt sich für jemanden, der aus langer Erfahrung dem Borussia-eigenen Fatalismus verpflichtet ist, durchaus ungewohnt an. Aber es ist sehr gut so. Nein, noch viel besser.
Ein ganzes Spiel lang musste man heute Abend verzweifelt hoffen, dass Borussia gegen Real Madrid im vielleicht wichtigsten Spiel des Jahres doch noch die Kurve kriegt oder der Mannschaft ein Geniestreich gelingt. Man konnte sich ob der mäßigen Leistung ärgern, oder fragen, warum Gladbacher Mannschaften immer wieder dann wie das Kaninchen vor der Schlange hocken, wenn es etwas zu gewinnen gibt.
Doch als das Spiel nach 92 klar verlorenen Minuten abgepfiffen wurde, war es heute zum Glück noch nicht wirklich zu Ende.
Es folgten noch überlange acht Minuten Nachspielzeit im Parallel-Spiel in Mailand. Und als dort endlich ein wunderschönes 0:0 abgepfiffen wurde, spielte das, was sich vorher auf dem Rasen des Estadio Alfredo di Stefano in Madrid ereignet hatte, schon keine Rolle mehr (deshalb spare ich mir auch eine tiefere Spielanalyse, mit Ausnahme des großen Lobes für Yann Sommer, der heute einmal mehr fantastische Reflexe zeigte).
Im Moment des Schlusspfiffs löste sich die Gladbacher Spielertraube jubelnd von dem Tablet eines Betreuers, über dem sie gerade noch mitgefiebert hatten, ob Schachtjor Donezk das Remis gegen Inter halten und Borussia damit den Champions-League-Achtelfinalplatz sichern würde. Es war vorbei und ein ausgelassenes Freudentänzchen in Madrid folgte: Der VfL hat es erstmals geschafft, unter die besten 16 in diesem Wettbewerb zu kommen. Und muss sich dann auch für das "Wie" am letzten Spieltag ganz sicher nicht schämen.
Bei den bisherigen Versuchen, auch zuletzt in der Euro League, war es in der Endabrechnung ja irgendwie immer nur ein Tor gewesen, das irgendwo zu viel oder zu wenig gefallen war, um dem VfL das Tor zur nächsten Runde aufzustoßen. Diesmal kam dieses in Mailand eben nicht gefallene Tor unserem Team zugute; denn bei einem Last-Minute-Sieg von Donezk oder Inter wäre Borussia nur Dritter in dieser Gegner- wie ergebnistechnisch komplizierten Gruppe geworden.
Im sechsten Spiel der Champions-League-Vorrundengruppe, immerhin das, was über Weiterkommen in CL oder Euro League entscheiden würde, zeigte die Borussia ausgerechnet ihr schlechtestes Spiel. Real Madrid ließ zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel daran aufkommen, wer das Spiel gewinnen würde. Einfache Fehler bei den Gegentoren und die Ratlosigkeit darüber, wie man die wirksame Taktik der Gastgeber, das Gladbacher Aufbauspiel im Keim zu ersticken, auf dem Feld kontern könnte, begünstigten das.
Der VfL war nur selten im Spiel, und er fand über 90 Minuten kein Mittel gegen die mit Weltstars gespickte Auswahl, die mit Luka Modric und Toni Kroos als Ballverteiler im Mittelfeld schalten und walten konnte, wie sie wollten.
Es gibt diese Spiele, bei denen du einfach immer hinterher rennst und nicht eng genug in die Zweikämpfe kommst. Heute war so eins. Natürlich zu einem denkbar blöden Zeitpunkt - aber natürlich auch der Klasse des Gegners geschuldet, der gegenüber dem Hinspiel nicht wiederzuerkennen war.
Und da blinzelte es dann auch wieder durch, das kleine Gladbach der ersten Europapokalteilnahmen vor ein paar Jahren - wo man bei allem Pech und manch merkwürdigen Vorfällen am Ende einfach ehrlich einräumen musste, dass man gegen Gegner wie Barcelona, Man City oder Juve eben nur phasenweise mithalten konnte. Dass dies im Jahr 2020 anders ist, hatte die Elf von Marco Rose in den fünf vorhergehenden Spielen allerdings schon bewiesen.
Und dennoch hätte es heute auch leicht ein weiterer dieser bitteren Abende werden können, nach dem man ernüchtert feststellen muss, dass es (immer noch) nicht reicht für die europäische Elite. An dem man leichtfertig vertanen Chancen hinterhertrauern und den Fußballgott dafür verfluchen müsste, dass er uns Gladbachern nie etwas gönnt.
Und das alles trotz zweier Kantersiege gegen Donezk, zweier hochverdienter Unentschieden gegen die eigentlichen Gruppenfavoriten und einer höchst unglücklichen Niederlage vor einer Woche.
Dass es anders kam, lag heute nicht wirklich in der Macht des Clubs vom Niederrhein. Aber wisst ihr was? Das ist mir jetzt einfach mal egal. Denn der Plan ist aufgegangen und die acht Punkte aus den guten fünf Spielen zuvor haben ausgereicht.
Und das heißt: BORUSSIA MÖNCHENGLADBACH steht zum ERSTEN MAL im ACHTELFINALE der CHAMPIONS LEAGUE!!! Das ist gigantisch, es ist so, dass ich erst noch darüber schlafen muss, um es wirklich zu realisieren. Eins weiß ich aber sicher: Ich bin sehr stolz auf mein Team, auf meinen Club, auf alle, die diesen Erfolg möglich gemacht haben. Und auf alle Fans, die mit mir - auf Abstand - vor einer blöden Mattscheibe erst heftig gelitten und dann ein bisschen gefeiert haben.
Wir sind Borussia! Und wir gehören - bis auf Weiteres - zu den ganz Großen! Lasst es uns genießen.
Champions League 2020/21, Gruppenphase, 6. Spieltag: Real Madrid - Borussia Mönchengladbach 2:0.
Saisonspende: Keine Tore, auch sonst kein erspieltes Geld heute. Allerdings habe ich natürlich bei meiner Saisonwette nicht berücksichtigt, dass das CL-Achtelfinale wirklich möglich und für Borussia noch mehr wert ist. Also gebe ich außer der Reihe 10 Euro für das Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde in den Topf. Der aktuelle Stand damit: 60,50 Euro. 50 Euro davon habe ich wie angekündigt schon überwiesen, an diese beiden Organisationen (mehr dazu steht im Text zum Freiburg-Spiel):
Zur
Erinnerung, darum geht's: Ich
spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere)
gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme
setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in
den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony
Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder
Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem
Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5
Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in
Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Jede erreichte Runde in der Champions-League: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro.
DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.
Mal wieder, wie eigentlich immer, sehr gut zusammengefasst. Heute sprich gestern, war der Fußballgott endlich mal ein Borusse. Mund abputzen und einfach mal genießen, was wir uns über die letzten - es sind ja erst 10 - Jahre aufgebaut haben! Ich bin stolz ein Borusse zu sein!
AntwortenLöschenIch habe leider kein Google Konto, würde aber gerne öfter mit Dir schreiben - falls Du Lust hast, weil Du mir Woche für Woche aus dem Herzen sprichst also schreibst.
monsieurpetit@gmx.net
würde mich freuen