Man muss ja nicht immer viele Worte verlieren, wenn es nicht viel zu kritisieren gibt. Heute hat Borussia aus meiner Sicht ein sehr solides, fast schon herausragendes Auswärtsspiel gemacht - auch wenn wir bis zuletzt um den Sieg zittern mussten. Hätte Bremen das 1:1 gemacht, hätte sich der VfL nicht beschweren dürfen, dazu war die Mannschaft vorne nicht konsequent genug und erlaubte Bremen hinten ein paar Möglichkeiten zu viel.
Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass die bessere Mannschaft gewonnen hat - und zwar sichtbar durch ein Team, das sich wieder etwas zutraut, das füreinander kämpft, das sich von ein bisschen gegnerischem Druck nicht mehr so schnell umwerfen lässt oder gar den Kopf verliert.
An dieser mentalen Verbesserung hat der neue Trainer Dieter Hecking sicher großen Anteil, noch größeren aber hat die Mannschaft selbst, vor allem die Schlüsselspieler, von denen man diesen Qualitätssprung im Vergleich zur Hinrunde auch einfordern konnte und musste.
Oscar Wendt war nicht erst heute einer der besten, Christoph Kramer schwang sich in Abwesenheit des Mittelfeld-Pfluges Lars Stindl zum Spielmacher und Ordner auf. Er machte gut, was bei Mo Dahoud bei allem Eifer noch danebenging. Patrick Herrmann bringt die benötigte Geschwindigkeit, Thorgan Hazard und Fabian Johnson Spielfreude, Entlastung und Zweikampf-Cleverness. Tony Jantschke, der sehr kühle (und wiedererstarkte) Andreas Christensen und der deutlich verbesserte Jannik Verstergaard behielten die Übersicht, auch gegen die stets gefährlichen Kruse, Bartels und Pizarro. Und Yann Sommer packt wieder entschlossen zu, wo es nötig wird.
Das Spiel heute war kein spielerisches Highlight, aber es war ein großer Schritt aus der Krise. Es war eine Leistung, die zu neuer Hoffnung berechtigt, was den weiteren Saisonverlauf betrifft. Denn es festigt sich der Eindruck, dass die Mannschaft nicht nur einen flüchtiges Zwischenhoch auf den Trainerwechsel zeigt, sondern dass sie die Balance wiederfindet, die sie so stark gemacht hat.
Dies drückt sich auch in Zahlen aus - unbesiegt, fünf Siege (inklusive Pokal) und ein Unentschieden, dabei viermal zu Null gespielt. 9:2 Tore, zehn von zwölf möglichen Punkten in der Liga. Drei Bundesligasiege am Stück, davon zwei auswärts (mit Pokal gar drei), und das in Stadien (Leverkusen und Bremen), in denen es jahrzehntelang für Borussia nichts zu holen gab.
Aber am wertvollsten ist vielleicht die Tatsache, dass diese Bilanz ungeachtet der immer noch dramatischen personellen Situation gelang. Heute fehlten - nur von potenziellen Stammspielern - Elvedi, Kolo, Hofmann, Traoré, Raffael und Stindl. Ohne das komplette Offensivpärchen Raffael und Stindl hat der VfL glaube ich überhaupt noch nicht gespielt, seit der Kapitän von Hannover an den Niederrhein kam. Herrmann, Drmic, Strobl und Johnson kommen aus langen Verletzungspausen zurück und sind mit Ausnahme des heute sehr emsigen und intelligent aufspielenden Fabian Johnson noch nicht wieder bei 100 Prozent. Vor diesem Hintergrund ist der bisherige Ertrag aus der Rückrunde kaum hoch genug einzuschätzen.
Richtig ärgerlich war heute deshalb nur eine Sache - die unglaublich dumme 5. Gelbe Karte von Tobias Strobl. Dass ein Fußballprofi bei der Einwechslung den Platz betritt, obwohl der Ausgewechselte noch keine Anstalten gemacht hatte, sich auf den Weg zur Seitenlinie zu machen, ist selten dämlich. Ich habe das jedenfalls vorher noch nie gesehen. Dass Strobl, der nun wieder eine Alternative sein sollte und auch Spielpraxis braucht, gegen Leipzig fehlen wird, ist für mich einfach unverständlich. Den heutigen Sieg überschatten kann es es jedoch nicht. Ich gehe hochzufrieden in den Rest des Wochenendes - auch wenn ich jetzt doch wieder deutlich mehr geschrieben habe als ich eigentlich vorhatte.
Bundesliga 2016/17, 20. Spieltag (11.2.17): Werder Bremen - Borussia
Mönchengladbach 0:1 (Tor für Borussia: 0:1 Hazard)
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