Während Leipzig stoisch punktet, Frankfurt auch in der 9. Minute der Nachspielzeit eiskalt bleibt, Wolfsburg einen Rückstand gegen Hannover abschüttelt und Hoffenheim Tor um Tor schießt, steht beim Borussia am Ende ein mickriges Törchen und durch den späten Ausgleich der immer noch in diesem Jahr unbesiegten Bremern auch nur ein Punkt, der, so fürchte ich, deutlich anzeigt, wie es um das berühmte "Momentum" bei der Hecking-Elf steht.
Natürlich, die Gäste werden den Punkt als verdient verbuchen, weil auch sie ihre Chancen hatten und bei einem etwas weniger gut aufgelegten Yann Sommer sogar das Spiel hätten gewinnen können. Dennoch wäre es ein Witz gewesen, wären die Bremer als Sieger nach Hause gefahren.
Denn das, was die Mannschaft von Florian Kohfeldt bis zum Rückstand geboten hat, konnte auch den spielerisch starken und offensivfreudigen Hanseaten nicht gefallen haben. Die Gäste legten ein enges Verteidigungsnetz aus, verlegten sich von Beginn an auf Zeitschinderei und hofften allein auf ihre gefährlichen Konter. Eine Taktik, die zuletzt schon öfter gegen Gladbach aufgegangen ist - natürlich. Aber eigentlich ist das zu wenig, wenn man selbst die Punkte braucht, um noch in die europäischen Plätze zu rutschen.
Gladbach wiederum musste sich erst in der neuen Konstellation im 3-5-2 finden und vermied gerade in der Anfangsphase jedes Risiko, das zu einem schnellen Gegenzug hätte führen können. Daraus folgte ein recht unattraktives und zähes Spiel, in dem der VfL durch Raffaels Zufallschance gleich zu Beginn und eine Reihe von leicht vergebenen Halbchancen (Herrmann) allerdings schon in der ersten Hälfte hätte in Führung gehen können.
Chancen waren also da, obwohl die Borussen erneut viel zu wenig Tempo in ihren Aktionen hatten, zu wenig (frei-)liefen und im Positionsspiel der eine oder andere seine Stärken kaum ausspielen konnte. So war Thorgan Hazard über weite Strecken damit beschäftigt, nach hinten zu arbeiten, auf dem Weg nach vorn bekam er nur selten Gelegenheit, seine Schnelligkeit mit Ball auszuspielen.
Das galt mit Abstrichen auch für Patrick Herrmann, der auf dem anderen Flügel aber insgesamt besser mit seiner Aufgabe zurecht kam. Bärenstark, wie er seine Seite nach vorne wie hinten bearbeitete, wie er beherzt grätschte und damit den Borussia Park hinter sich und die Mannschaft brachte. Nur im Abschluss fehlt ihm nach wie vor die Fortune.
Über die gesamte Spielzeit gesehen war eine deutliche Entwicklung zu bemerken. Über den Kampf fanden Borussias Spieler diesmal - ohne Ausnahme - ins Spiel, angetrieben von Chris Kramer und Denis Zakaria, die sich für keinen Zweikampf zu schade waren, dabei leider aber auch jeweils Gelb kassierten und in der Endphase des Spiels manches notwendige Foul nicht mehr ziehen konnten. Das machte die Mannschaft nämlich heute auch deutlich besser als zuletzt - bei Ballverlust lieber frühzeitig zu foulen statt hinterherlaufen zu müssen und Kontertore zu schlucken.
So erlaubte Borussia den Bremern heute nur wenige Situationen, in denen sie wirklich im Konter gefährlich wurden. Das Gegentor fiel aus einer anderen Situation, die aber lange vor Osakos Flanke auf Klaassen hätte besser geklärt werden müssen. In dieser Phase, als Bremen auf den Ausgleich drängte und dafür sehr offensiv gewechselt hatte, ließ sich der VfL zu tief in die eigenen Hälfte drücken und konnte gleichzeitig keine der sich bietenden Gelegenheiten zur Vorentscheidung nutzen. Sehr schade.
Nun gut, wir können es nicht ändern. Am Publikum hat es nicht gelegen, das hat sich das Team heute zurück auf seine Seite geholt. Auf dieser Leistung lässt sich aufbauen. Ob der offensichtlich von den Spielern mit gewünschte Systemwechsel auf die Dreierkette aber Zukunft hat, muss sich zeigen. Gegen einen recht passiven Gegner sah das heute nach hinten schon ganz sicher aus, mit dem im Ballbesitz fast als Libero agierenden Tobi Strobl, der gegen den Ball oft zum Manndecker und Begleiter des (dadurch) nahezu wirkungslosen Rashica wurde. Ginter und Elvedi hatten dadurch mehr Sicherheit für die Räume hinter ihnen und schoben heute häufiger mit in den Angriff vor, so wie in der Hinrunde.
Allerdings hat das System nicht nur Vorteile, vor allem im Spiel nach vorn fordert es den Spielern noch mehr Laufwege ab, wenn es wirklich effektiv sein soll. Das gelang heute nur bedingt, die Hecking-Elf lief auch erneut 3,5 Kilometer weniger als der Gegner. Das Fehlen der beiden Außenverteidiger band die beiden offensiven Außen Hazard und Herrmann sehr und gab ihnen mitunter zu wenig Unterstützung, schneller über den Flügel zu kombinieren. Das kompensierten zwar Raffael, Plea und Neuhaus, die sich aus der Mitte anboten sowie Ginter und Elvedi als Absicherung nach hinten. Es trug aus meiner Sicht aber auch ein wenig dazu bei, dass das Spiel sehr breit gezogen wurde und es noch mehr Laufarbeit aller bedurft hätte, um mehr Räume in der Bremer Defensive zu eröffnen.
Egal, Chancen erspielte sich das Team genug, sie wurden nur einmal mehr nicht genutzt, um das Spiel nach Hause zu bringen.
Und so bleibt für mich am Ende ein blöder Beigeschmack, trotz einer eigentlich beherzten, guten und kämpferisch überzeugenden Leistung. Für die will ich das Team aber eigentlich nicht extra loben. Denn dass man sich in der entscheidenden Phase der Saison so für den Erfolg zerreißt, wie es die "Elf vom Niederrhein" heute getan hat, müsste eigentlich selbstverständlich sein. Genauso selbstverständlich, wie die Fans heute im Stadion lautstark anerkannt haben, wie sich Kramer und Co verkauft haben. Was der Punkt am Ende wert war, werden wir erst in etwas mehr als einem Monat wissen. Von höheren Zielen muss man allerdings weiterhin nicht reden. Es gilt, jetzt Aufgabe für Aufgabe so anzunehmen wie die heute. Dann klappt's auch vielleicht noch mit Europa.
Bundesliga 2018/19, 28. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Werder Bremen 1:1 (Tor für Borussia: 1:0 Neuhaus)
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